--Sparkassen "vorsichtig optimistisch" für die Wirtschaftsentwicklung

--DSGV: Wirtschaft wächst 2021 um 3,5 Prozent und 2022 um 3,1 Prozent

--Schleweis fordert Konzepte für Ausstieg aus dem Lockdown

(NEU: Weitere Aussagen von Schleweis)

Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones)--Die Chefvolkswirte der Sparkassen-Finanzgruppe sind "vorsichtig optimistisch" für die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland und Europa. Im Jahr 2021 werde das deutsche Wirtschaftswachstum nach ihren Berechnungen bei 3,5 Prozent liegen und im Jahr 2022 bei 3,1 Prozent, erklärte der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV). Noch bremse der Lockdown zwar die Konjunktur, daher komme der erwartete Aufschwung noch nicht im ersten Quartal 2021. Dennoch rechneten die Ökonomen mit einer Erholung der deutschen Wirtschaft. DSGV-Präsident Helmut Schleweis forderte aber auch eine Diskussion über Lockerungskonzepte.

"Wenn durch die jetzigen Lockdown-Maßnahmen die Pandemie für die Gesundheitsbehörden wieder beherrschbar wird, werden die Investitionen und der Konsum schnell wieder anspringen", sagte Schleweis bei der Vorstellung der Konjunkturprognose. "Die wirtschaftliche Erholung ist durch die aktuellen Maßnahmen nur unterbrochen und nach hinten verschoben. Die Erholungsperspektive an sich bleibt intakt." Die Wirtschaft und die Psyche der Menschen könnten sich aber "keinen Jo-Jo-Effekt von wiederkehrenden Lockdowns leisten", warnte er.

Diese Gefahr bestehe, wenn man ohne gutes Konzept nach einem Lockdown wieder schrittweise in ein normales Leben starten wolle. "Trotz wachsender Impfzahlen wird uns Covid-19 noch weithin im Jahr 2021 begleiten, vielleicht auch länger als wir denken darüber hinaus", warnte er. Man müsse deshalb lernen, die Wirtschaftstätigkeit unter minimalen Ansteckungsrisiken wieder hochzufahren. "Wir alle, Politik und alle Wirtschafts- und Lebensbereiche, sollten die kommenden Wochen nutzen, um hier wirksame Konzepte und Perspektiven nach vorne zu entwickeln, bevor die Stimmung sowohl in der Wirtschaft als auch in der Bevölkerung endgültig kippt."

Die Chefvolkswirte stimme insbesondere optimistisch, dass die Auswirkungen der zweiten Infektionswelle und der Eindämmungsmaßnahmen bislang deutlich geringer ausfielen als während des ersten Lockdowns. Zwar seien einzelne Bereiche der Wirtschaft wie der Dienstleistungssektor, das Hotellerie- und Gastgewerbe und der stationäre Einzelhandel stark betroffen. Der Anteil dieser direkt betroffenen Betriebe an der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung sei aber vergleichsweise gering, die fortgesetzte Erholung in der Industrie und auch eine zumindest bis Ende November sehr robuste Entwicklung im Einzelhandel könne deren Einbußen gesamtwirtschaftlich weitgehend kompensieren.


   Privater Konsum soll Konjunktur stützen 

Störungen der Lieferketten seien im Gegensatz zum ersten Lockdown weitgehend ausgeblieben, sodass vielerorts weiter produziert werden konnte. Auch die Auslandsnachfrage habe die deutsche Wirtschaft spürbar gestützt. Zudem werde der private Konsum eine wesentliche Stütze für die Konjunkturerholung im laufenden und im kommenden Jahr. "Mit den unüblich hohen Ersparnissen während der Krise haben viele private Haushalte finanzielle Polster aufgebaut, sie dürften zumindest teilweise aufgrund aufgestauter Konsumwünsche nach dem Überwinden der Pandemie nachfragewirksam werden", sagte der Chefvolkswirt der NordLB, Christian Lips.

Das 2019 verzeichnete Vorkrisenniveau beim realen Bruttoinlandsprodukt dürfte in Deutschland nach Einschätzung der Chefvolkswirte der Sparkassen-Finanzgruppe Ende des Jahres 2021 wieder erreicht werden. Damit wären aber die zwei Jahre ausgefallenen Wachstums noch nicht wieder aufgeholt. Das gelinge auch 2022 nur teilweise. "Die wirtschaftliche Erholung steht und fällt mit dem Tempo und dem Anschlagen der Impfkampagnen", betonte Schleweis.

Der DSGV-Präsident betonte, die Kreditwirtschaft sei in dieser Pandemie anders als in der Finanzkrise über alle drei Säulen hinweg "nicht Teil des Problems, sondern Teil der Lösung". Um Liquiditätsengpässe von Unternehmen in der Krise zu überbrücken, hätten die deutschen Kreditinstitute 2020 bereits über 35 Milliarden Euro an KfW-Sonderprogrammkrediten vergeben. Allein die Sparkassen hätten 2020 zudem an Unternehmen und wirtschaftlich Selbständige neue Kredite in Höhe von 106,4 Milliarden Euro zugesagt - 14,1 Prozent mehr als im Vorjahr.

In 417.000 Fällen hätten die Sparkassen bei gewerblichen und privaten Kreditnehmern zeitweise fällige Kreditraten ausgesetzt. Sie seien aber "vorsichtig optimistisch, dass die Insolvenzwelle in diesem Jahr nicht so hoch sein wird, wie viele befürchten". Dass die Rezession mit zeitlicher Verzögerung auch den Finanzsektor treffe, sei "nicht auszuschließen". Das Ausmaß werde allerdings maßgeblich davon abhängen, wie sich das Insolvenzgeschehen 2021 darstelle.

Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com

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January 26, 2021 07:31 ET (12:31 GMT)