--BIP sinkt im um 0,7 (Prognose: 0,5) Prozent

--Erstes und zweites Quartal und Gesamtjahr 2021 werden hochrevidiert

--Biontech-Lizenzeinnahmen heben BIP 2021 um 0,5 Prozent

(NEU: Kommentare von Bankvolkswirten)

Von Hans Bentzien

FRANKFURT (Dow Jones)--Die Wirtschaftsleistung Deutschlands hat sich im vierten Quartal 2021 schwächer als erwartet entwickelt und könnte im laufenden Quartal erneut sinken. Nach Mitteilung des Statistischen Bundesamts (Destatis) sank das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt (BIP) gegenüber dem Vorquartal kalender- und saisonbereinigt um 0,7 Prozent und lag kalenderbereinigt um 1,4 (drittes Quartal: 2,9) Prozent über dem Niveau des Vorjahreszeitraums.

Von Dow Jones Newswires befragte Analysten hatten einen Rückgang um 0,5 Prozent gegenüber dem Vorquartal und einen Zuwachs auf Jahressicht von 1,3 Prozent prognostiziert. Nach Angaben der Statistiker sank der Privatkonsum im Schlussquartal 2021, während der Staatskonsum zunahm. Die Bauinvestitionen gingen zurück.


   Deutsches BIP steigt 2021 um revidiert 2,8 Prozent 

Den vorläufig für das Gesamtjahr 2021 gemeldeten BIP-Anstieg von 2,7 Prozent revidierte Destatis auf 2,8 Prozent. Im zweiten Quartal war das BIP nach revidierten Angaben um 2,2 (bisher: 2,0) Prozent gestiegen und im ersten Quartal um 1,7 (1,9) Prozent gesunken.

Grund der Aufwärtsrevisionen war nach Aussage von Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer, dass das Mainzer Unternehmen Biontech am Jahresende Lizenzgebühren erhielt, die rund 0,5 Prozent der jährlichen deutschen Wirtschaftsleistung entsprachen und die als Dienstleistungsexport verbucht wurden.


   Commerzbank: BIP sinkt auch im ersten Quartal 

Für das laufende Quartal ist Krämer pessimistisch: "Nach dem Minus im vierten Quartal dürfte das Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal erneut leicht sinken", schrieb er in einem Kommentar. So deuteten die Daten der Reservierungsplattform Open Table darauf hin, dass das Gastgewerbe im Januar etwa 15 Prozent weniger umsetze als im Durchschnitt des vierten Quartals.

"Auch die Einzelhandelsumsätze dürften im Januar nach Daten von Google unter dem Durchschnitt des vierten Quartals liegen." Außerdem deute der Lkw-Maut-Index an, dass sich die Erholung der Industrie zumindest im Januar nicht fortgesetzt habe. Krämer rechnet weiterhin damit, dass das BIP 2022 um 3 Prozent steigen und die Wirtschaft im zweiten Quartal Fahrt aufnehmen wird.


   KfW: BIP für viertes Quartal könnte noch hochrevidiert werden 

KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib macht darauf aufmerksam, dass zum unerwartet deutlichen BIP-Rückgang von 0,7 Prozent womöglich noch nicht das letzte Wort gesprochen wurde. "Die heute veröffentlichte Schnellmeldung für das vierte Quartal ist revisionsanfällig, denn es fehlen noch Daten von Dezember", schrieb sie.

Köhler-Geib erinnerte daran, dass für das vierte Quartal 2020 ursprünglich eine Quasi-Stagnation von plus 0,1 Prozent gemeldet wurde, aus der dann schließlich ein sehr passables Quartalswachstum von 0,7 Prozent geworden sei. "Letztendlich dürfte das Jahresende 2021 aber im roten Bereich bleiben und auch im laufenden Quartal ist ein weiterer Rückgang wahrscheinlich", urteilt sie.


   Hauck Aufhäuser Lampe: BIP-Rückgang im ersten Quartal nicht sicher 

Alexander Krüger, der Chefvolkswirt von Hauck Aufhäuser Lampe, glaubt trotz des BIP-Rückgangs im vierten Quartal nicht an eine "technische Rezession" im Winterhalbjahr 2021/2022. "Dass das BIP im ersten Quartal sinkt, ist alles andere als ausgemacht", sagte Krüger. Der Ökonom baut dabei vor allem auf eine anhaltende Stärke der Industrie, der es besser gelinge, ihre Aufträge abzuarbeiten.

Zudem sei der Dienstleistungssektor bereits jetzt "ziemlich unten", und er frage sich, wo eine weitere Verschlechterung herkommen solle. "Ich erwarte eine Stagnation im Winterhalbjahr", fasste Krüger zusammen.

Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com

DJG/hab/smh

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January 28, 2022 05:31 ET (10:31 GMT)