--Banken straffen Kreditstandards deutlicher als erwartet

--Banken besorgt wegen Lockdowns und Kreditwürdigkeit der Kunden

--Kreditnachfrage sinkt erneut

(NEU: Details aus dem Quartalsbericht zur Kreditvergabe der EZB)

Von Hans Bentzien

FRANKFURT (Dow Jones)--Die Banken des Euroraums sind bei ihrer Kreditvergabe wegen der Corona-Pandemie im vierten Quartal erneut vorsichtiger geworden. Die Standards für Unternehmenskredite entwickelten sich etwas ungünstiger als erwartet und dürften auch im ersten Quartal 2021 gestrafft werden. Wie aus dem aktuellen Quartalsbericht der Europäischen Zentralbank (EZB) zur Kreditvergabe hervorgeht, überstieg der Prozentsatz der Banken mit strafferen Kreditstandards den Prozentsatz von Häusern mit lockereren Standards um 25 (drittes Quartal: 19) Punkte. Die Banken selbst hatten eine Straffung der Kreditstandards um 19 Punkte erwartet.

Besonders betroffen waren demnach kleine und mittelgroße Unternehmen mit einem Saldo von 25 Punkten, weniger stark Großunternehmen. Die Nachfrage nach Unternehmenskrediten sank um 12 (minus 4) Punkte, soll aber im ersten Quartal um 5 Punkte zunehmen.


   Risikowahrnehmung der Banken wegen Lockdowns weiter verschlechtert 

Laut EZB begründeten die Unternehmen die Straffung vor allem mit ihrer Risikowahrnehmung wegen der sich weiter eintrübenden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und der Lage der Unternehmen. "Dahinter steht die Sorge der Banken über die Konjunkturerholung und die Bonität der Kreditnehmer, da die wegen der Corona-Pandemie verhängten Beschränkungen im vierten Quartal in den meisten Ländern zugenommen haben", heißt es in dem Bericht.

Die Kreditstandards für Hauskaufkredite und Konsumentenkredite wurden im dritten Quartal um 7 (20) bzw. 3 (9) Prozentpunkte gestrafft. Kreditstandards umfassen unter anderem Zinsen, Anforderungen an Sicherheiten, Kreditlaufzeiten und Tilgungsraten. Sie sind bankinterne Richtlinien dafür, welche Art von Krediten eine Bank wünschenswert findet, welche sektorspezifischen und geografischen Prioritäten zu beachten sind, welche Sicherheiten als akzeptabel gelten und welche Voraussetzungen (Bilanzsituation, Einkommenslage, Alter oder Beschäftigungsstatus) ein Kreditnehmer erfüllen muss.


   Standards in Frankreich und Spanien besonders stark verschärft 

Für das erste Quartal wird eine Straffung der Unternehmenskreditstandards um 20 Punkte erwartet. Die Politik der EZB ist darauf gerichtet, eine möglichst günstige Kreditversorgung der Unternehmen sicherzustellen. Dazu hat sie den Banken sehr langfristige Kredite mit überaus günstigen Konditionen gegeben. Regional gesehen wurden die Unternehmenskreditstandards vor allem in Frankreich (41 Punkte) und Spanien (20 Punkte) gestrafft, in Deutschland dagegen nur um 6 Punkte und in Italien überhaupt nicht.

Auch die in den Kreditverträgen konkret vereinbarten Konditionen für neue Unternehmenskredite wurden gestrafft, und zwar um 14 (8) Prozentpunkte. So verlangten die Banken erneut höhere Kreditsicherheiten, und die Margen für riskantere Kredite zogen an. Die Kreditverweigerungsrate stieg um 2 (3) Punkte.


   Kreditnachfrage in Italien nimmt deutlich zu 

Die Nachfrage nach Unternehmenskrediten sank in Frankreich um 47 und in Spanien 20 Punkte, während sie Deutschland um 6 Punkte zunahm und in Italien um 40. Laut EZB war vor allem die Nachfrage nach Krediten für Investitionszwecke rückläufig. Ein Anstieg wurde dagegen weiterhin bei Krediten für Lagerinvestitionen und Arbeitskapital verzeichnet.

In Beantwortung von Sonderfragen gaben die Banken an, dass sich ihre Finanzierungsbedingungen an den Märkten generell verbessert hätten. Strengere regulatorische oder aufsichtliche Maßnahmen trugen demnach zu besseren Eigenkapitalpositionen und damit zu einer Lockerung der Finanzierungsbedingungen bei. Zugleich bewirkten diese Maßnahmen aber durchgängig eine Straffung der Kreditstandards, was im ersten Quartal bei Unternehmenskrediten auch weiterhin der Fall sein werde.

Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com

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January 19, 2021 05:14 ET (10:14 GMT)