--BDEW: Schritt "völlig unverständlich"

--Streit mit der Autolobby um Anzapfen von E-Fahrzeugen bei Stromspitzen

--Altmaier will schnell einen neuen Entwurf vorlegen

(Neu: Reaktion BDEW)

Von Petra Sorge

BERLIN (Dow Jones)--Die Energiewirtschaft hat den Rückzieher von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) bei seinem Gesetzentwurf für Elektroautos kritisiert. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) bezeichnete den Schritt als "völlig unverständlich". Unterdessen kündigte das Ministerium einen neuen Vorschlag für das sogenannte Steuerbare-Verbrauchseinrichtungen-Gesetz an.

"Bundesminister Altmaier legt größten Wert darauf, dass der Hochlauf der Elektromobilität schnell und für alle Beteiligten verlässlich erfolgt", erklärte seine Sprecherin bereits am Sonntag. "Er wird in den kommenden Tagen diesbezüglich sowohl mit den Fahrzeugherstellern als auch mit den Netzbetreibern Gespräche führen und danach einen neuen Vorschlag vorlegen, der für alle Beteiligten akzeptabel ist."


   Stromabnahme auch bei Wärmepumpen und Nachtspeicherheizungen 

Anlass war ein Bericht der Welt am Sonntag. Demnach soll den Stromanbietern mit dem Entwurf erlaubt werden, Besitzern von Elektroautos täglich bis zu zwei Stunden Zwangsladepause zu verordnen, wenn sonst eine Überlastung des Netzes drohen würde. Damit könnten neben E-Fahrzeugen auch Wärmepumpen und Nachtspeicherheizungen ferngesteuert der Strom abgedreht werden. "Spitzenglättung" sollte die Maßnahme im Paragraf 14a des geänderten Energiewirtschaftsgesetzes heißen, so die Welt. Der Rückzieher der Ministerien sei erfolgt, nachdem sich bereits mehrere Verbände dazu kritisch geäußert hatten.

Die Verbraucherzentrale Bundesverband lehnte den Entwurf demnach als verbraucherunfreundlich ab. Kritik kam auch vom Verband der Automobilindustrie (VDA). "Was Spitzenglättung genannt wird, bedeutet für die Kunden leider Abschalten", sagte VDA-Präsidentin Hildegard Müller der Zeitung. "Wenn das kommt, wäre es sehr schlecht für alle Besitzer von E-Autos und die Unternehmen, die jetzt E-Autos auf den Markt bringen."


   Energieverbände fürchten drastische Kostensteigerungen für Stromverbraucher 

Aus Sicht des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU) dagegen dient das Instrument der Spitzenglättung vor allem auch den Verbrauchern. "Klar ist, dass die Netze für die Energiewende weiter erheblich ausgebaut werden müssen", erklärte VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing. Es sei jedoch volkswirtschaftlich ineffizient, das Netz für jede mögliche Spitzensituation auszubauen. "Dies würde zu erheblichen Steigerungen der Netzentgelte für die Stromkunden führen", warnte Liebing. Gerade das Instrument der Spitzenglättung ermögliche den schnellen Anschluss von Elektrofahrzeugen an die Niederspannungsnetze. "Daher ist die Richtung des Gesetzentwurfs richtig."

Laut dem BDEW würde ein Netz, das auf alle Spitzensituationen ausgelegt ist, zusätzliche Milliarden-Investitionen erfordern. Verbandschefin Kerstin Andreae nannte es "erstaunlich, dass die Automobilbranche dabei ist, ihr eigenes Zukunftsprodukt schlecht zu reden, indem suggeriert wird, das Laden der Autos werde verhindert". Es sei ein konstruiertes Beispiel, "dass ein E-Autofahrer nur aufgrund dieses zeitlich eng begrenzten Eingriffs mit leerer Batterie da steht", so Andreae. Hier werde "ohne Not eine regelrechte Reichweiten-Angst herbeigeredet, die mit der Realität nichts zu tun hat". Der BDEW kündigte hierzu weitere Gespräche an.

Im Streit der Verbände will auch das Wirtschaftsministerium noch sondieren. Die Sprecherin ergänzte am Sonntag, dass es sich "um einen Entwurf der Arbeitsebene" gehandelt habe, "der nicht die Billigung des Ministers gefunden hat". Er sei deshalb bereits am vergangenen Freitag zurückgezogen und von der Homepage des Wirtschaftsministeriums heruntergenommen worden.

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January 18, 2021 10:53 ET (15:53 GMT)