-- Koalitionsvertrag soll Ende November stehen

-- 22 Arbeitsgruppen tagen ab kommendem Mittwoch

-- Finanzfragen sind noch ungeklärt

(NEU: weitere Aussagen, Hintergrund)

Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones)--Olaf Scholz soll nach der Planung von SPD, Grünen und FDP in der Woche vom 6. Dezember neuer Bundeskanzler werden. Das sieht die Planung für die Koalitionsverhandlungen nach Angaben von FDP-Generalsekretär Volker Wissing und SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil vor. "In der Nikolauswoche soll Olaf Scholz zum Bundeskanzler gewählt werden", sagte Klingbeil. Wissing betonte, "dass wir Ende des Monats November ein Vertragswerk vorliegen haben wollen". Laut Klingbeil sollen die 22 Arbeitsgruppen am Mittwoch kommender Woche ihre Arbeit aufnehmen und bis zum 10. November Papiere erarbeiten, die dann in die Hauptverhandlungsgruppe gehen.

Klingbeil und Wissing stellten den Zeitplan für eine Ampel-Regierung gemeinsam mit Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner in einem Statement vor Beginn der Koalitionsverhandlungen vor. Alle drei zeigten sich optimistisch. "Wir sind alle in Vorfreude, die Stimmung ist gut", erklärte Klingbeil. Aber man wisse auch, welche Verantwortung man trage. "Die Sondierungen haben uns Mut gemacht", sagte Wissing. "Wir haben Hürden aus dem Weg geräumt." Man gehe zuversichtlich in die Verhandlungen. Ziel sei es, "konzentriert" zu arbeiten. Es tue den Verhandlungen gut, wenn strittige Fragen "schnell spitzgestellt" würden. "Es wird sich sicher auch einmal verknoten", räumte Kellner ein.

Die Arbeitsgruppen sollen den Planungen zufolge beinahe täglich außer an den Wochenenden zu ihren Beratungen zusammenkommen, die genaue Planung obliegt aber den einzelnen Fachgruppen. Nach Vorlage der Papiere aus den Arbeitsgruppen am 10. November soll dann laut Klingbeil die Hauptverhandlungsgruppe "die Schlussredaktion und Klärung eventuell noch übrig gebliebener Konfliktfelder" übernehmen, damit bis spätestens 30. November der Koalitionsvertrag steht. Der Zeitplan ist ehrgeiziger als zuvor erwartet. Bisher hatten die möglichen Koalitionäre eine Einigung bis Weihnachten in Aussicht gestellt. "Aus Weihnachten ist Nikolauswoche geworden", stellte Kellner fest.


   Sieben Themenblöcke für die Arbeitsgruppen 

Für die Koalitionsverhandlungen sind die Arbeitsgruppen in insgesamt sieben übergreifende Themenblöcke aufgeteilt: "Moderner Staat, digitaler Aufbruch und Innovationen", "Klimaschutz in einer sozial-ökologischen Marktwirtschaft", "Respekt, Chancen und soziale Sicherheit in der modernen Arbeitswelt", "Chancen für Kinder, starke Familien und beste Bildung ein Leben lang", "Freiheit und Sicherheit, Gleichstellung und Vielfalt in der modernen Demokratie", "Deutschlands Verantwortung für Europa und die Welt" sowie "Zukunftsinvestitionen und nachhaltige Staatsfinanzen".

In einem zwölfseitigen Sondierungspapier hatten die drei Parteien sich bereits auf Grundzüge für eine Zusammenarbeit verständigt und erste Festlegungen getroffen. So soll der gesetzliche Mindestlohn einmalig auf 12 Euro pro Stunde angehoben und Hartz IV durch ein Bürgergeld ersetzt werden. Jährlich sollen 400.000 neue Wohnungen entstehen, und bei der Rente soll es einen Einstieg in eine teilweise Kapitaldeckung geben. Alle geeigneten Dachflächen sollen für die Solarenergie genutzt werden, und der Kohleausstieg soll "idealerweise" auf 2030 vorgezogen werden. Ein Tempolimit auf Autobahnen ist nicht geplant.

Noch offen geblieben sind allerdings Fragen der Finanzierung. Die potenziellen Koalitionspartner wollen "im Rahmen der grundgesetzlichen Schuldenbremse die nötigen Zukunftsinvestitionen gewährleisten, insbesondere in Klimaschutz, Digitalisierung, Bildung und Forschung sowie die Infrastruktur". Steuererhöhungen haben sie aber ausgeschlossen. Für die Investitionen, deren jährliches Volumen die Grünen auf zusätzliche 50 Milliarden Euro beziffert haben, sind Finanzierungen über staatliche Gesellschaften wie die Förderbank KfW oder auch die Deutsche Bahn AG und die Autobahn GmbH ins Spiel gebracht worden.

Geklärt werden muss auch die Nachfolge des zum Jahresende zurückgetretenen Bundesbank-Präsidenten Jens Weidmann. "Wenn eine Regierung zustande kommt, ... wird das Thema sein", erklärte Klingbeil, "aber es ist kein Thema heute".

Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com

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October 21, 2021 11:01 ET (15:01 GMT)