BERLIN (AFP)--Gut sieben Wochen vor der Bundestagswahl zeigen sich Union und SPD uneins in der Corona-Politik: Länderregierungschefs der Sozialdemokraten wandten sich gegen den Vorschlag von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), verschärfte Regeln nur für Ungeimpfte zu beschließen. Und in der Union gab es Widerspruch zu der Forderung der SPD, die epidemische Lage von nationaler Tragweite zu verlängern.

Zu Spahns Vorschlag zu Auflagen für Ungeimpfte sagte Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig der Bild-Zeitung, es sei wichtig, dass sich mehr Menschen impfen ließen. Dabei führten "Drohungen" aber nicht weiter. "Wir müssen überzeugen."

Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte sagte der Zeitung: "Ich halte es für falsch und rechtlich unzulässig, Ungeimpfte vom öffentlichen Leben auszuschließen." Niemand solle "vom öffentlichen Leben ausgeschlossen werden", forderte auch Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke. Mit negativem Test sollten Ungeimpfte weiter zum Beispiel an Veranstaltungen teilnehmen dürfen.

Das Bundesgesundheitsministerium schlägt in einem Strategiepapier Kontaktbeschränkungen sowie einen Ausschluss von Veranstaltungen und der Gastronomie für Ungeimpfte vor.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) regte nach einem Bericht des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) im Bundestags-Gesundheitsausschuss an, die epidemische Notlage von nationaler Tragweite nicht zu verlängern. Die vom Bundestag beschlossene epidemische Lage von nationaler Tragweite läuft Ende September aus - wenn sie bis dahin nicht verlängert wird. An die Feststellung sind eine Reihe von Anti-Corona-Maßnahmen gekoppelt.

Spahn sagte dem RND zufolge bei einer Sondersitzung des Ausschusses am Mittwoch, aus seiner Sicht seien alle nötigen Anschlussregelungen für den Fall des Auslaufens bereits getroffen worden. Sollten weitere Maßnahmen nötig sein, könnten diese auf Länderebene beschlossen werden. Ein Auslaufen des Notlage-Status habe Spahn dabei als "politisches Signal" bezeichnet.

Ein Sprecher des Gesundheitsministeriums sagte zu dem Bericht, über eine mögliche Verlängerung der epidemischen Lage entscheide einzig der Bundestag. "Die Regelungen zum Impfen, Testen, zur Einreise und zum Divi-Register sind ohnehin bereits auf unseren Vorschlag hin vom Parlament entfristet worden."

Der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses des Bundestages, Erwin Rüddel (CDU), plädierte dafür, den derzeitigen Status auslaufen zu lassen. "Die so genannte epidemische Lage von nationaler Tragweite, auf der unsere Corona-Politik fußt, ist gebunden an eine mögliche Überlastung unserer Krankenhäuser", sagte er der Bild-Zeitung. Er könne sich aber nicht vorstellen, dass sich die Lage noch einmal so dramatisch verändert, "dass die Überlastung des Gesundheitswesens droht". Damit entfalle die Begründung für eine Verlängerung.

Demgegenüber hatte sich SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz dafür ausgesprochen, die Ende September auslaufende Pandemie-Notlage zu verlängern. "Das wird sein müssen, wenn man mich fragt", sagte Scholz bei einer RND-Veranstaltung. Nötig seien weiterhin bestimmte Regeln zum Schutz vor Corona. "Und dafür brauchen wir einen rechtlichen Rahmen", betonte er. Es müssten "ein paar Vorsichtsregeln noch eine lange Zeit beibehalten" werden. Dazu zähle beispielsweise das Masken-Tragen etwa im öffentlichen Verkehr.

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sprach sich wegen der steigenden Corona-Infektionen ebenfalls dafür aus, die epidemische Lage von nationaler Tragweite bis Ende des Jahres zu verlängern. "Die vierte Welle beginnt und verschwindet nicht von allein", sagte er dem RND.

DJG/hab

(END) Dow Jones Newswires

August 05, 2021 09:35 ET (13:35 GMT)