FRANKFURT (Dow Jones)--Die chemisch-pharmazeutische Industrie in Deutschland hat ihre Produktion im dritten Quartal als Folge der Energiekrise gedrosselt und erstmals seit zwei Jahren weniger umgesetzt als in den drei Vormonaten. Die Lage habe sich in den Sommermonaten noch einmal verschlechtert, erklärte der Branchenverband VCI in seinem jüngsten Konjunkturbericht zwar, beließ die zuletzt im September gesenkte Prognose für das Gesamtjahr allerdings unverändert.

Neben den Energiepreisen machte zuletzt vor allem die schwache Inlandsnachfrage der drittqrößten deutschen Industriebranche zu schaffen. Danach wurden in Deutschland zwischen Juli und September mit chemisch-pharmazeutischen Produkten saisonbereinigt 7,3 Prozent weniger umgesetzt als zwischen April und Juni, der Auftragseingang ging sogar um 9 Prozent zurück. Weltweit setzte die Branche 63,1 Milliarden Euro um - ein Minus von 1,6 Prozent zum Vorquartal.

Die gestiegenen Energiekosten - sie kletterten verglichen mit dem Frühjahr um 40 Prozent - konnten die Unternehmen nur noch zu einem geringen Teil an die Kunden überwälzen. So stiegen die Chemikalienpreise zum Vorquartal nur noch um 2,6 Prozent (plus 23,7 Prozent im Jahresvergleich). Die Branche reagierte mit einer Drosselung der Produktion: Mit 79,3 Prozent wurde die Normalauslastung "deutlich" unterschritten, so der VCI.

Viele Firmen rechneten für die nächsten Monate mit einer weiteren Verschlechterung der Lage. Zwar sänken angesichts der Rezessionsängste die Energie- und Rohstoffpreise, doch komme dies bei den Unternehmen bisher nicht an. Das Preisniveau für Gas, Strom und Öl dürfte insgesamt so hoch bleiben, dass ohne wirksame Energiepreisbremsen die Wertschöpfungsketten reißen werden, warnte der VCI.

"Der Chemiebranche stehen weitere dunkle Monate bevor", sagte VCI-Präsident Markus Steilemann. Viele Unternehmen befänden sich mit ihrer Produktion in Deutschland bereits heute "in einer äußerst dramatischen Lage". Besonders der Mittelstand hat erhebliche Probleme, bei auslaufenden Lieferverträgen für Strom oder Gas Anschluss- oder Neuverträge abzuschließen.

Bei Wintereinbruch und sinkenden Gasspeicherständen werde sich die Situation weiter verschärfen. "Deshalb brauchen wir jetzt schnell und unbürokratisch breit wirkende Energiepreisbremsen, damit die Lage sich nicht noch weiter zuspitzt", sagte der VCI-Präsident, der auch Vorstandschef des Kunststoffherstellers Covestro ist.

Für das Gesamtjahr rechnet der VCI weiter mit einem Rückgang der Produktion von 5,5 Prozent insgesamt, und für die Chemieproduktion ohne Pharma mit einem Minus von 8,5 Prozent.

Kontakt zum Autor: olaf.ridder@wsj.com

DJG/rio/kla

(END) Dow Jones Newswires

November 14, 2022 04:00 ET (09:00 GMT)