Frankfurt (Reuters) - Die grassierende Coronavirus-Pandemie hat an den europäischen Börsen am Mittwoch erneut für deutliche Verluste gesorgt.

"Zu groß ist die Angst der Anleger vor flächendeckenden Lockdowns, die die konjunkturelle Erholung vom ersten Schock im Frühjahr schon wieder beenden könnte, bevor sie so richtig begonnen hat", sagte Analyst Jochen Stanzl vom Online-Broker CMC Markets. Der Dax verlor 1,4 Prozent auf 12.557 Punkte und notierte damit so niedrig wie seit Anfang Oktober nicht mehr. Der EuroStoxx50 gab ebenfalls rund anderthalb Prozent nach. Die Zahl der Corona-Neuinfektionen steigt weltweit weiter an. Für Gesprächsstoff bei Börsianern sorgte auch, dass sich Bundesgesundheitsminister Jens Spahn mit dem Virus angesteckt hat. An den US-Börsen blieben die Anleger angesichts der Verhandlungen über weitere Konjunkturhilfen nervös.

Zum Handelsschluss in Europa lagen Dow Jones & Co im roten Bereich. Der Stabschef des Weißen Hauses Mark Meadows sagte dem Sender Fox Business, dass die Regierung und die Demokraten im Repräsentantenhaus eine Einigung innerhalb der nächsten 48 Stunden anstrebten. Selbst bei einem Durchbruch bleibe aber das durch die Pandemie verursachte Problem der Massenarbeitslosigkeit, warnte Nigel Green, Gründer und Chef des Anlageberaters deVere. "Sie beeinträchtigt Nachfrage, Wachstum und Investitionen."

PFUND-ANLEGER HOFFEN AUF BREXIT-DURCHBRUCH - ÖL UNTER DRUCK

Am Devisenmarkt setzten Investoren auf Bewegung im festgefahrenen Brexit-Streit und deckten sich mit Pfund Sterling ein. Die britische Währung verteuerte sich um 1,7 Prozent auf 1,3170 Dollar und erklomm damit den höchsten Stand seit sechs Wochen. Mut machte den Anlegern, dass die Brexit-Verhandlungen schon am Donnerstag wieder aufgenommen werden sollen. Einem Medienbericht zufolge streben Großbritannien und die EU dabei an, sich bis Mitte November auf ein neues Handelsabkommen zu einigen. Mit Blick auf die Ende des Jahres ablaufende Übergangsfrist steige der Druck, sagte Helaba-Chefvolkswirtin Gertrud Traud.

Der Ölpreis ging erneut auf Talfahrt. Die Sorte Brent aus der Nordsee verbilligte sich um 2,8 Prozent auf 41,93 Dollar je Barrel (159 Liter). Die Furcht vor einem Angebotsüberschuss werde durch die steigenden US-Lagerbestände noch verschärft, sagte Chiyoki Chen, Chef-Analyst des Rohstoffhändlers Sunward. Gleichzeitig verteuerte sich die "Antikrisen-Währung" Gold um ein Prozent auf 1926 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm).

ÜBERNAHMEFANTASIE UM BILFINGER

Europaweit gehörten Aktien aus dem Gesundheitssektor zu den größten Verlierern. Auch besonders konjunkturabhängige Werte gerieten unter die Räder. Am deutschen Aktienmarkt hielten Daimler mit einem Abschlag von 1,5 Prozent die rote Laterne im Dax. Übernahmespekulationen trieben hingegen Bilfinger-Papiere um 3,7 Prozent. Börsianer verwiesen auf einen Medienbericht, dem zufolge mehrere Finanzinvestoren Interesse an dem Industrie-Dienstleister haben.

Anleger setzten bei dem im Familienbesitz befindlichen italienischen Luxus-Modelabel Salvatore Ferragamo auf einen Anteilsverkauf. Die Aktien schnellten in Mailand um 8,7 Prozent hoch. Wie Reuters unter Berufung auf mit der Situation vertraute Personen berichtete, haben die Eigentümer informelle Gespräche mit Finanzinvestoren geführt. Eine Sprecherin wies das jedoch zurück.

In Stockholm stiegen die Papiere von Ericsson um 9,6 Prozent. Die Gewinnmarge und der Überschuss des Netzwerk-Ausrüsters hätten deutlich über seinen Prognosen gelegen, kommentierte Analyst Janardan Menon von der Investmentbank Liberum.