WIESBADEN (dpa-AFX) - Meinungsforschungsinstitute dürfen auch Briefwählern nach deren Stimmabgabe die sogenannte Sonntagsfrage stellen. Das hat das Verwaltungsgericht Wiesbaden am Donnerstag entschieden. Die Eilentscheidung fiel auf Antrag des Meinungsforschungsinstituts Forsa, Antragsgegner war der Bundeswahlleiter. (Az.: 6 L 1174/21.WI)

Die zuständige Kammer stellte fest, dass es nicht gegen das Bundeswahlgesetz verstößt, wenn das Institut vor der Bundestagswahl Ergebnisse von Befragungen veröffentlicht, denen auch die Angaben von Briefwählern über ihre bereits getroffenen Wahlentscheidungen zugrunde liegen, wie das Gericht mitteilte.

Umfrageinstitute fragen regelmäßig zufällig ausgesuchte Bürger: "Wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre, wen würden sie wählen?". Forsa fragt dabei auch, ob jemand schon per Brief gewählt hat und wenn ja, wen. Das Stimmverhalten der Briefwähler fließt in die Umfrageergebnisse ein, wird aber nicht getrennt ausgewiesen.

Der Bundeswahlleiter hatte Forsa und und andere Meinungsforschungsinstitut unter Androhung eines Bußgelds von 50 000 Euro gebeten, keine Umfragen zu veröffentlichen, in die die Antworten von Briefwählern einfließen. Das verstoße gegen Paragraf 32 des Bundeswahlgesetzes, wonach die Veröffentlichung von Wählerbefragungen nach deren Stimmabgabe unzulässig ist.

Das Gericht gab Forsa recht: Die Veröffentlichung von Wahlumfragen sei durch die Grundrechte der Antragstellerin geschützt. Ein Veröffentlichungsverbot beeinträchtige die Freiheit der Berichterstattung. Die Veröffentlichung von Wählerumfragen gehöre zum politischen und demokratischen Prozess und sei ein zulässiger Beitrag zum öffentlichen Diskurs gerade im Vorfeld einer Wahl.

Gegen den Beschluss können die Beteiligten binnen zwei Wochen Beschwerde einlegen, über die der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel zu entscheiden hätte. Die Feststellung gilt bis zur Entscheidung der Kammer über die in der Hauptsache erhobene Feststellungsklage von Forsa (dortiges Aktenzeichen 6 K 1184/21.WI)./sat/DP/nas