Die Kompakt-Übersicht mit wichtigen Aussagen und Einschätzungen zur Bundestagswahl am 26. September:


Wahlforscher schreiben schlechtes Unions-Ergebnis Laschet zu 

Nach der Bundestagswahl sehen Wahlforscher die Verantwortung für die herben Verluste der Union zu einem großen Teil beim CDU-Kanzlerkandidaten Armin Laschet. Zu keinem Zeitpunkt habe eine Mehrheit der Bevölkerung Laschet das Kanzleramt zugetraut, sagte Nico Siegel vom Umfrageinstitut Infratest dimap am Montag in Berlin. SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz habe stärker überzeugen können; dies sei bis "weit ins bürgerliche Lager hinein, bis in die FDP-Wählerschaft" der Fall gewesen.

Forsa-Forscher Peter Matuschek sagte, das historisch schlechte Wahlergebnis der Union könne "Folgen haben für das Parteiensystem in Deutschland so wie wir es kannten". Die "relative Stärke der SPD" sei zugleich "ein Spiegelbild der relativen Schwäche der Union" gewesen.


Ifo-Präsident warnt vor Steuererhöhungen 

Der Präsident des Münchner Ifo Instituts, Clemens Fuest, hat die künftige Bundesregierung dazu aufgefordert, die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft wieder stärker in den Blick zu nehmen. Es sei "von zentraler Bedeutung, dass Deutschland die Coronakrise überwindet und zum Wirtschaftswachstum zurückkehrt", sagte Fuest am Montag in einem Interview mit Merkur.de.

Gefragt seien etwa beschleunigte staatliche Investitionen in die digitale Infrastruktur oder verbesserte Abschreibungsbedingungen für private Investitionen. Zugleich warnte Fuest die künftige Bundesregierung davor, die Steuerlast weiter zu erhöhen. Steuererhöhungen seien in der "aktuellen, fragilen wirtschaftlichen Lage kontraproduktiv", erklärte der Ifo-Chef. Die Steuerquote sei heute "deutlich höher als zu Beginn der Regierungszeit von Angela Merkel."


Europäische Politiker fordern rasche Regierungsbildung in Deutschland 

der Bundestagswahl hat Europaparlaments-Präsident David Sassoli die deutschen Parteien zu einer raschen Regierungsbildung aufgerufen. "Nach dieser historischen Krise gibt es keine Zeit zu verlieren", schrieb der Italiener mit Verweis auf die Corona-Pandemie am Montag im Onlinedienst Twitter. "Europa braucht einen starken und verlässlichen Partner in Berlin, damit wir unsere gemeinsame Arbeit für eine soziale und grüne Erholung fortsetzen können." Vor einer "langen Phase der Untätigkeit" im Falle einer langwierigen Regierungsbildung in Deutschland warnte auch Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn.


Lindner: FDP geht in Vorsondierungen mit den Grünen 

Die FDP will nach Angaben von Parteichef Christian Lindner in "Vorsondierungen" mit den Grünen über eine mögliche Zusammenarbeit gehen. Das habe der Vorstand beschlossen, sagte Lindner bei einer Pressekonferenz. "Weder die Union noch die SPD stehen für Aufbruch", betonte er. Die Parteien, die eine Veränderung gewollt hätten, seien Grüne und FDP. "Deshalb ist es sinnvoll, dass diese beiden zuerst miteinander das Gespräch suchen, um zu prüfen, ob daraus bei allen Unterschieden ein fortschrittliches Zentrum einer neuen Koalition werden könnte", erklärte der FDP-Chef. Nach den Gesprächen sei die FDP offen, "Einladungen von CDU/CSU oder SPD anzunehmen, wenn sie denn kommen, über weitergehende Gespräche".


Landeswahlleiterin will Chaos beim Ablauf von Berliner Wahlen aufklären 

Die Berliner Landeswahlleiterin Petra Michaelis will das Chaos beim Ablauf der Wahlen in der Hauptstadt aufklären. Sie werde "eine Bestandsaufnahme der relevanten Wahlfehler" machen und prüfen, ob die Wahl "ordnungsgemäß" ablief, sagte Michaelis am Montag in Berlin. Die Landeswahlleiterin räumte ein, dass es bei den Wahlen am Sonntag Fehler gegeben habe.


Öffentliche Banken dringen auf Innovationsoffensive 

Der Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB) hat nach der Wahl eine "Innovationsoffensive" angemahnt. "Deutschland steht vor großen Aufgaben", sagte VÖB-Präsident Eckhard Forst. Wichtig dafür sei eine stabile Koalition für eine handlungsstarke Regierung. "Wir brauchen eine Innovationsoffensive - jetzt müssen die richtigen Weichen gestellt werden, um den Strukturwandel hin zu einer nachhaltigeren, klimaneutralen und wettbewerbsfähigen Wirtschaft zu ermöglichen", forderte er. Gleichzeitig seien Investitionen in die physische und digitale Infrastruktur notwendig - beispielsweise durch die Akquise von privatem Kapital. Für diesen Wandel brauche man eine starke und wettbewerbsfähige Wirtschaft, kluge Wirtschaftsförderung und leistungsfähige Banken.


VDMA: Koalition muss marktorientierte Rahmenbedingungen setzen 

Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) hat von der künftigen Regierungskoalition das Setzen "markt- und innovationsorientierter Rahmenbedingungen" verlangt. "Die große Aufgabe, vor denen die künftige Regierung steht, ist klar: Deutschland braucht vor allem wegen des Klimawandels eine konstruktive Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft", erklärte VDMA-Präsident Karl Haeusgen. Hinzu kämen die Herausforderungen durch die Digitalisierung vor allem von Staat und öffentlicher Verwaltung. Zudem brauche die exportorientierte Industrie die politische Unterstützung gegen Protektionismus und für einen freien Handel. "Zwischen den künftigen Koalitionspartnern muss unstrittig sein, dass sie in einer gemeinsamen Regierung marktorientierte Rahmenbedingungen setzen", forderte er. Es dürfe keine neuen Belastungen für die Unternehmen geben.


Versicherer sehen zentrale Dossiers auf der Agenda 

Der Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft, Jörg Asmussen, hat betont, dass "verschiedene Konstellationen für eine mehrheitsfähige Regierung möglich" seien. "Es ist wichtig, dass die Parteien der demokratischen Mitte jetzt rasch eine handlungsfähige Regierung bilden." Die Themen warteten nicht: Im November finde die UN-Klimakonferenz statt, am 1. Januar übernehme Frankreich die EU-Ratspräsidentschaft, und aus Sicht der Versicherer stünden "zentrale Dossiers wie die Solvency-II-Review auf der Tagesordnung". Die Reformagenda sei lang: Anpassung an den Klimawandel, Digitalisierung, Föderalismusreform und Verwaltungsmodernisierung. Der demografische Wandel erfordere qualifizierte Zuwanderung. Aus Sicht der Versicherer besonders wichtig sei, dass das Rentensystem "nachhaltig mit allen drei Säulen im Blick reformiert werden" müsse.


Scholz bekräftigt Auftrag zur Regierungsbildung mit Grünen und FDP 

SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hat nach Gremiensitzungen der Partei seinen Anspruch auf eine Regierungsbildung unterstrichen und schnelle Gespräche mit Grünen und FDP über eine Ampel-Koalition angekündigt. "Für uns ist ganz klar, dass daraus jetzt ein Auftrag abgeleitet werden muss, dass wir uns darum bemühen, eine Regierung zu bilden", sagte Scholz bei einer Pressekonferenz nach Beratungen des SPD-Präsidiums in Berlin. Man werde versuchen, gemeinsam diesen Weg zu beschreiten.


Laschet rudert bei Regierungsanspruch zurück - Kreise 

CDU-Chef Armin Laschet ist bei seinem Anspruch, die nächste Bundesregierung zu führen, zurückgerudert. Bei der Sitzung des CDU-Bundesvorstands zur historischen Wahlschlappe der Union erklärte Laschet nach Angaben von Teilnehmern, die nicht namentlich genannt werden wollten: "Aus dem Wahlergebnis kann niemand einen Regierungsanspruch ableiten, das habe ich am Sonntag auch nicht gesagt." Allerdings hatte Laschet am Sonntagabend vor den Kameras gesagt, er wolle eine Regierung "unter der Führung der Union" bilden. Diese Aussagen hatten innerhalb der CDU Unruhe ausgelöst.


Aiwanger nennt Tweet mit Wahlprognose "Missgeschick" 

Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger hat die Verbreitung einer Wahlprognose vor Schließung der Wahllokale als "Missgeschick" bezeichnet. "Es war ein Missgeschick, nicht mit der Absicht gegen Gesetze zu verstoßen", sagte Aiwanger am Montag in München vor Journalisten. Es sei keine böse Absicht gewesen, die Freien Wähler wollten die Details nun intern klären. Aiwanger hatte Sonntagnachmittag auf Twitter aus einer ZDF-Prognose zitiert und damit einen Wahlaufruf zugunsten der Freien Wähler verbunden. Später löschte er den Tweet. Nach dem Bundeswahlgesetz ist die Veröffentlichung von Wählerbefragungen vor Schließung der Wahllokale eine Ordnungswidrigkeit, für die bis zu 50.000 Euro Geldbuße drohen.

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September 27, 2021 12:09 ET (16:09 GMT)