FRANKFURT (dpa-AFX) - Mit der sommerlichen Ruhe am deutschen Aktienmarkt könnte es vielleicht schon in der neuen Woche vorbei sei. Die Europäische Zentralbank (EZB) könnte in der zweiten Wochenhälfte mit Äußerungen zur Geldpolitik frischen Schwung liefern. Zudem kommen nach der Ferienzeit viele größere Investoren an die Märkte zurück. Das Handelsvolumen dürfte also wieder zunehmen. Bis dahin aber sollte der Leitindex Dax, der zuletzt Mitte August auf ein Rekordhoch von rund 16 030 Punkten geklettert war, weitgehend in seiner engen Handelsspanne zwischen 15 650 und 16 000 Punkten gefangen bleiben, wie Andreas Büchler, charttechnischer Analyst bei Index Radar, erwartet.

Bereits am Montag dürfte ein impulsarmer Börsentag bevorstehen. Denn: Ohne die Investoren aus den USA, die wegen des Feiertags "Labor Day" den Aktienmärkten fern bleiben werden, dürften die Handelsumsätze hierzulande mau sein.

Seitens der Unternehmen ist es ebenfalls ruhig geworden, nachdem die Berichtssaison zum zweiten Quartal beendet ist. Konjunkturseitig stehen zum Wochenstart nur die Auftragseingangsdaten der deutschen Industrie im Juli auf der Agenda. Am Dienstag werden die Juli-Daten zur Industrieproduktion sowie die Konjunkturerwartungen des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung für September bekannt gegeben.

"Eigentlich laufen die Geschäfte der deutschen Industrie gut", konstatiert Analyst Ralph Solveen von der Commerzbank. Immerhin seien die Auftragseingänge in den vergangenen Monaten gestiegen "und lagen im Juni etwa zehn Prozent über ihrem Vorkrisenniveau, der Auftragsbestand war sogar 17 Prozent höher". Allerdings bleibe es für die Unternehmen schwer, diese Aufträge auch abzuarbeiten, da ein Mangel an Rohstoffen und Vorprodukten sie nach wie vor beeinträchtige.

"Dies spricht dafür, dass sich der seit Anfang des Jahres zu beobachtende Abwärtstrend bei der Industrieproduktion vorerst fortsetzen wird", selbst wenn die Produktion im Juli - wie von Solveen erwartet - auf Vormonatsniveau stabil bliebe. Dennoch: Die anstehenden Daten haben, auch wenn sie mit Interesse verfolgt werden dürften, kaum das Potenzial, den deutschen Leitindex aus seiner Lethargie zu reißen.

Anders ist es mit der EZB-Sitzung am Donnerstag, glaubt Portfolio-Manager Thomas Altmann von QC Partners. Sie sei der Höhepunkt der Woche, denn die Europäische Zentralbank werde nicht nur ihre aktualisierten Wachstums- und Inflationsprognosen veröffentlichen. Sie müsse sich außerdem "zumindest intern mit der Zukunft des Pandemie-Notkaufprogramms PEPP befassen". Über dieses kauft die Zentralbank der Eurozone vorerst bis Ende März 2022 Staats- und Unternehmensanleihen sowie andere Wertpapiere im Umfang von knapp unter 2 Billionen Euro.

"In der Vergangenheit haben die Notenbanker regelmäßig sechs Monate im Voraus die Weichen gestellt. Und angesichts der deutlich angestiegenen Inflationsraten dürften die Stimmen, die eine Beendigung oder zumindest eine Reduzierung fordern, deutlich lauter werden", erwartet Altmann.

Volkswirt Michael Schubert von der Commerzbank rechnet allerdings damit, dass eine Grundsatzentscheidung über die Anleihekäufe erneut verschoben wird. Viele Monate lang habe die kommende EZB-Sitzung als entscheidend gegolten, da das Ende der Käufe in einem halben Jahr bevorsteht. Zuletzt aber hätten sich die Signale für eine abwartende Haltung gehäuft, schrieb er. Vor wenigen Tagen erst hatte EZB-Chefvolkswirt Philip Lane in einem Interview gesagt, der Rat benötige "keine große Vorlaufzeit" für eine Grundsatzentscheidung. Der französische Notenbankchef Francois Villeroy betonte, dass die Entscheidung über das PEPP und was danach komme, "wahrscheinlich nichts für September" sei.

Die Aufmerksamkeit der Anleger könnte ansonsten noch möglichen Aussagen des US-Präsidenten Jo Biden über die künftige Besetzung der US-Notenbankspitze gelten. Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg jüngst aus informierten Kreisen berichtete, erwägen Bidens Berater, Jerome Powell für eine zweite Amtszeit zu empfehlen und prüfen zudem, Lael Brainard als seine Stellvertreterin vorzuschlagen. Der US-Präsident selbst hat sich bisher dazu nicht geäußert.

Unternehmensseitig könnten am Montag die Aktien der zehn künftigen Dax-Neulinge einen Blick wert sein. Ihre Namen werden an diesem Freitagabend von der Deutschen Börse bekannt gegeben und vom 20. September an wird der Dax 40 dann an den Start gehen. Auch weitere Platztausche in den Indizes der Dax-Familie, also im MDax, SDax und TecDax, könnten so manchen Börsianer interessieren. Größere Überraschungen werden aber nicht erwartet, da aufgrund der Index-Regeln die Vorhersagbarkeit bereits in den Wochen und Tagen vorher recht hoch ist.

Am Donnerstag lädt der Spezialchemie- und Pharmahersteller Merck KGaA zum Kapitalmarkttag ein. Da Analysten mit Aussagen zur Unternehmensstrategie rechnen, könnte dies der Aktie Impulse geben. Außerdem berichtet Oracle, der Konkurrent des Softwarekonzerns SAP, über sein erstes Geschäftsquartal. Zwei Tage zuvor, am Dienstag, legt zudem der Arzneimittelhersteller Dermapharm detaillierte Halbjahreszahlen vor./ck/la/mis

--- Von Claudia Müller, dpa-AFX ---