Frankfurt (Reuters) - Unternehmen in Deutschland sind wegen einer Warnung der IT-Sicherheitsbehörde BSI vor schwerwiegenden Hackerangriffen in Alarmbereitschaft.

Mehrere von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Firmen, darunter VW, die Lufthansa und die Deutsche Telekom, erklärten am Montag, ihre internen Sicherheitsvorkehrungen erhöht zu haben und die Lage genau zu beobachten. Bislang seien aber keine Angriffsversuche verzeichnet worden. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) hatte am Samstag vor einer "extrem kritischen Bedrohungslage" gewarnt die höchste Warnstufe "Rot" ausgerufen.

Die Sicherheitswarnung des BSI betrifft die Java-Bibliothek Log4j. Dieses Software-Element sei weit verbreitet und habe Auswirkungen auf unzählige weitere Produkte. "Die Schwachstelle ist sehr einfach ausnutzbar", sagte BSI-Präsident Arne Schönbohm am Montag bei einer Pressekonferenz. Zudem gebe es Hinweise, dass es sie schon sehr lange gebe. "Eine erfolgreiche Ausnutzung der Schwachstelle ermöglicht eine vollständige Übernahme des betroffenen Systems." Nun müssten alle Produkte, die Log4j verwenden, angepasst werden, was noch eine Zeit lang dauern dürfte. Bislang lägen dem BSI keine Meldungen über erfolgreiche Angriffe vor, doch das sei nur eine Frage der Zeit. "Es ist davon auszugehen, dass es auch in Deutschland zu erfolgreichen Angriffen gekommen ist und auch - wenn man sich nicht schützt - kommen wird", sagte Schönbohm. Er wies darauf hin, dass Hacker die Schwachstelle nutzen könnten, um Hintertüren einzubauen und erst Monate später zuzuschlagen.

Firmen arbeiten mit Hochdruck am Stopfen des Lecks. Deutschlands größte Reederei Hapag-Lloyd erklärte, das Cybersecurity-Team habe bereits reagiert und die IT-Systeme entsprechend angepasst. "Wir bleiben alarmiert und werden die aktuellen Entwicklungen selbstverständlich weiterhin sehr genau im Blick behalten." Die Lufthansa rief eine Spezialtruppe zusammen, die alle Systeme und Anwendungen überprüfen soll. Bei der Telekom hieß es, alle Kunden seien dazu aufgerufen worden, die relevanten Updates so schnell wie möglich zu installieren, um die potenzielle Angriffsfläche so gering wie möglich zu halten. Die Systeme des Konzerns würden im Laufe des Tages Tests unterzogen, so dass es zu Verzögerungen bei Anwendungen kommen könne.

Auch Infineon, die Deutsche Bank und Continental erklärten, bislang keine Angriffe registriert zu haben, aber wachsam bleiben zu wollen. E.ON setzt nach eigenen Angaben bereits seit Freitag diverse Maßnahmen um, um das Risiko der IT-Schwachstellen zu minimieren.

Das BSI hatte bereits Anfang Dezember vor einer Bedrohung durch die Schadsoftware "Emotet" gewarnt und von einem "bedrohlichen Szenario" gesprochen. Problematisch könne die Situation vor allem in den Weihnachtsferien werden, wenn die IT-Abteilungen personell ausgedünnt seien und Firmen nicht schnell reagieren könnten. Vergangenes Jahr wurden dem BSI zufolge 144 Millionen neue Schadprogramm-Varianten festgestellt, ein Zuwachs von 22 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.