Andrea Thomas

BERLIN (Dow Jones)--Das Bundeswirtschaftsministerium hat eingeräumt, dass der Gebäudesektor trotz geplanter zusätzlicher Klimaschutzausgaben die Treibhausminderungsziele weiterhin verfehlen wird.

Der Expertenrat für Klimafragen sei in seiner Bewertung des geplanten Sofortprogramms Gebäude zum Ergebnis gekommen, dass die Annahmen und Bewertungen des vom Wirtschafts- und Bauministeriums vorgelegten Programms "tendenziell überschätzt werden", erklärte das Wirtschaftsministerium. In einem nächsten Schritt müssen jetzt die Ressorts gemäß Klimaschutzgesetz über das weitere Vorgehen beraten, so das Ministerium.

Im Juli hatten das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat sowie das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie den Ressorts des Klimakabinetts und dem Expertenrat für Klimafragen ein sogenanntes "Sofortprogramm Gebäude 2020" vorgelegt. Dieses ist erforderlich, da für die Klimaziele 2020 im Gebäudebereich eine Zielverfehlung von 2 Millionen Tonnen CO2 festgestellt wurde.

In dem Sofortprogramm für den Gebäudesektor wurde vorgeschlagen, für die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) noch in 2021 eine zusätzlich Förderung in Höhe von rund 5,8 Milliarden Euro etwa für den Austausch von Ölheizungen oder die Sanierung von Häusern und Wohnungen bereitzustellen. Nachdem der Expertenrat die geplanten Maßnahmen für unzureichend hält, müssen in einem nächsten Schritt nun die Ressorts gemäß Klimaschutzgesetz über das weitere Vorgehen beraten.

Das Haus von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) beklagte, dass das SPD-geführte Bundesumweltministerium Unklarheiten und methodische Schwächen des Klimaschutzgesetzes beheben müsse. Das Gesetz gibt Ziele für Deutschlands Weg hin zur Klimaneutralität vor und legt konkret zu erreichende Ziele CO2-Reduktionsziele für die verschiedenen Sektoren fest, wie etwa Gebäude, Verkehr und Energiewirtschaft. Jedes Ministerium muss innerhalb von drei Monaten ein "Sofortprogramm" vorlegen muss, sollte der in seine Zuständigkeit fallende Sektor die strengeren Treibhausgasreduktionsziele nicht erreichen.

Das Umweltministerium müsse nun den Wortlaut des Klimaschutzgesetzes klarstellen, bis wann oder in welchem Zeitraum eine festgestellte CO2-Reduktionslücke abgebaut werden müsse, so das Wirtschaftsministerium. Außerdem seien Treibhausgasreduktionen im Gebäudesektor langwieriger als etwa das Herunterfahren eines Kohlekraftwerks. So sei die Sanierung von bis zu einer Million Bestandsgebäuden für die Einsparung von 2 Millionen Tonnen CO2 zeitaufwendiger. Angefangen von der Planung über die Vergabe bis zur Realisierung einer Eigenheim-Sanierung vergingen meist mehrere Monate oder gar über ein Jahr, erklärte das Ministerium.

Nötig sei zudem eine nachhaltige Mittelausstattung der Gebäudesanierungsprogramme auch in den kommenden Jahren. "Jede Unsicherheit, ob die Programme auch im kommenden Jahr ausreichend ausgestattet sind, muss vermieden werden", erklärte das Wirtschaftsministerium. Hier sei Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) gefragt.

Zuvor hatte die Umwelt-Denkfabrik Agora Energiewende erklärt, sie erwartet, dass Deutschland in diesem Jahr vor dem größten Anstieg von Treibhausgasemissionen seit 1990 steht. Der Anstieg des Kohlendioxidausstoßes würde sich voraussichtlich auf 47 Millionen Tonnen gegenüber 2020 belaufen, so die Berechnungen der Denkfabrik, die auf einer Analyse der Emissionsdaten von Energiewirtschaft, Gebäuden, Verkehr, Industrie und Landwirtschaft im ersten Halbjahr 2021 basieren.

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August 16, 2021 10:29 ET (14:29 GMT)