Nahtlos reiht sich das ifo Geschäftsklima in die Reihe fallender Frühindikatoren ein. So ist der ifo Geschäftsklimaindex im Juni von 97,9 auf 97,4 Punkte gefallen. Entspannung gab es bei der Lagekomponente, die sich entgegen der Analystenerwartungen von 100,7 auf 100,8 Punkte aufhellte. Für die weitere Abschwächung sorgte somit die Erwartungskomponente, die weiter von 95,3 auf 94,2 Punkte fiel.

Aufschlussreich sind die Sektordaten des Berichts:

In Einklang mit den Daten von Markit zu Beginn des Monats befindet sich die Erwartungskomponente für das Verarbeitende Gewerbe mit einem Rückgang von
-9,8 Punkten auf -11,9 Punkte auf dem Rückzug. Während bei Markit sich der Services PMI noch im expansiven Bereich stabil hält, zeigt der Indikator des ifo Institutes bereits eine Eintrübung auf. Festgestellt werden kann ein Rückgang der industrienahen Dienstleistungen wie z.B. im Logistikgewerbe oder im Industriegütermarketing. Das Abfärben der Entwicklung des Verarbeitenden Gewerbes auf den Dienstleistungssektor zeigt auf, dass der Abschwung an Breite gewinnt und Fahrt aufnimmt. Genau diese Entwicklung haben Draghi und Powell auf ihren jeweiligen Pressekonferenzen angesprochen und als Gefahr ausgemacht.

Aufhalten können die Zentralbanken diese Entwicklung nicht, die Ursache liegt im Handeln der Politik. Die Notenbanken können und werden dem Patienten aber die nächste Geldspritze verpassen, damit die Symptome des Abschwungs nicht einsetzen.

Die Politik müsste dem Patienten unterdessen ein Sportprogramm
(= Strukturreformen/Investitionsausgaben) verschreiben, damit er fit für die Zukunft wird. Bisher wird laut Rezeptblock die Sahnetorte (= Konsumausgaben) empfohlen, damit er mit dem ganzen Zucker mehr Energie für die Zukunft habe. Klingt toll, ist aber Quatsch. 

Lassen Sie uns trotzdem einen Blick auf die Zutaten für die deutsche Sahnetorte werfen:

• Eine Rentenreform, in der ein beitragsbezogenes System in Teilen in ein Bedürftigkeit abdeckendes System gewandelt wird, ohne die Bedürftigkeit konkret zu prüfen.
• Ein Mietpreisdeckel mit Enteignungsdiskussion, der in seinem Anreizsystem
(= Investorenvertrauen) den Neubau gleich mit deckelt.
• Sparsame Bildungsinvestitionen von 2,12 % des BIP (OECD-Durchschnitt > 3 % Skandinavische Länder > 4%).
• Geringe Investitionen in Forschung und Entwicklung von 0,42 % des BIP (OECD- Durchschnitt 0,7 %).
• Keine Nettoinvestitionen, d.h. die Differenz aus staatlichen Investitionen minus die Abschreibungen liegt bei null. Der Kapitalstock wird gerade so erhalten.

Werden die notwendigen Reformen kommen? Das werden sie, aber erst in der nächsten Rezession! Sie können bis dahin fluchen oder einfach die Sahnetorte genießen und Ihr Geld in Regionen mit gesunden Strukturen anlegen. Andernfalls wird die Torte zu teuer. 
Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten der Unterstützungszone 1.1100 – 30 negiert den positiven Bias des Euros.

Viel Erfolg!

Gastbeitrag von Christian Buntrock, Fondsmanager SOLVECON INVEST
www.solvecon-invest.de

Christian Buntrock (Jahrgang 1977) gründete mit ehemaligen BLB-Kollegen in 2017 die Fondsboutique SOLVECON INVEST GmbH in Bremen, bei der er Portfoliomanager, Prokurist und Gesellschafter ist.
Der studierte Diplomkaufmann und -Volkswirt, arbeitete zuvor als Portfoliomanager in der Bremer Landesbank, im Treasury Management und Research der Sparkasse Südholstein sowie als Wertpapierspezialist für die Commerzbank AG.