PARIS (dpa-AFX) - Der Luxusgüterkonzern LVMH (Louis Vuitton, Moet, Hennessy) befindet sich weiter im Höhenflug. Seit die Franzosen Ende November die Übernahme des US-Juweliers Tiffanys angekündigt hatten, hat die Aktie nochmals deutlich zugelegt. Der Börsenwert des Unternehmens hat mittlerweile die 200-Milliarden-Euro-Marke überschritten. Was momentan bei LVMH los ist, wie Analysten den Konzern bewerten und was die Aktie macht.

DAS IST LOS IM UNTERNEHMEN:

Der Kauf des Juweliers Tiffany ist für LVMH der bislang größte in der Unternehmensgeschichte. Rund 14,7 Milliarden Euro (16,2 Mrd US-Dollar) will LVMH sich den Deal kosten lassen, der Mitte 2020 abgeschlossen werden soll. Allerdings müssen die Tiffany-Anteilseigner der Übernahme noch zustimmen.

Mit dem prestigeträchtigen Zukauf verfolgt die Gruppe des französischen Milliardärs Bernard Arnault vor allem ein strategisches Ziel: Die Präsenz auf dem wichtigen US-Markt soll damit gestärkt und ausgebaut werden. Eine amerikanische Ikone werde damit auch ein Stück weit französisch, befand Arnault bei der Verkündung des Deals gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. Die kostspielige Akquisition passt gut ins Portfolio von LVMH, dessen Geschäfte mit Mode, Parfüm und Kosmetik genauso rund laufen wie mit Spirituosen, Weinen, Uhren und Schmuck.

Zu den bekannten Marken zählen unter anderem Christian Dior, Veuve Clicquot, Fendi, Rimowa und Bulgari. Insgesamt umfasst das Portfolio des 1987 gegründeten Unternehmens laut eigenen Angaben derzeit 75 Edelmarken. LVMH beschäftigte zuletzt weltweit 156 000 Mitarbeiter.

Obwohl die seit geraumer Zeit anhaltende Unsicherheit im Hinblick auf den US-chinesischen Handelskrieg auch den Luxussektor nicht kalt lässt und die Branche sich von der konjunkturellen Eintrübung nicht völlig freimachen kann, steht LVMH nach wie vor blendend da. Sowohl in Europa und den USA als auch in Asien läuft es rund, Luxusgüter sind nach wie vor überall gefragt. Dennoch wird der Konzern nicht müde, auf geopolitische Risiken zu verweisen - mit gutem Grund, die Unruhen in der chinesischen Sonderverwaltungszone Hongkong reißen nicht ab.

DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:

Das Votum der Marktexperten fällt eindeutig aus. Gleich zwölf der insgesamt 14 im dpa-AFX-Analyser erfassten Analysten sprechen sich für den Kauf der LVMH-Aktie aus. Lediglich das Analysehaus Jefferies sowie die Deutsche Bank raten dazu, die Papiere zu halten. Das durchschnittliche Ziel liegt mit knapp 411 Euro etwas über dem aktuellen Kurs der Anteilsscheine.

Am zuversichtlichsten gibt sich die britische Investmentbank HSBC, deren Analyst Erwan Rambourg LVMH mit einem Kursziel von 470 Euro das größte Aufwärtspotenzial attestiert. Die Franzosen seien inzwischen in Bezug auf Größe und Tempo dem Rest des Luxusgütersektors enteilt, urteilte der Experte.

Ähnlich sieht das Louise Singlehurst von der US-Investmentbank Goldman Sachs, aus deren Sicht die konjunkturellen Indikatoren für die Luxusgüterbranche im vierten Quartal robust sind. Der Absatz dürfte ihrer Einschätzung nach in diesem und im kommenden Jahr weltweit um 5 Prozent zulegen. Sie bevorzuge Marken wie LVMH und auch Kering, die ein bestimmtes Produktsegment dominierten und deren Investitionen aus finanzieller Stärke heraus neue Kunden anlockten.

Während Jefferies-Analyst Flavio Cereda davon ausgeht, dass der Tiffany-Deal ein möglicher Katalysator für weitere Übernahmen in der Branche sein könnte, gibt Zuzanna Pusz von der Schweizer Großbank UBS zu bedenken, dass durch die Übernahme des Juweliers kurzfristig Kosten auf die Profitabilität drücken dürften.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Seit langem geht es für die LVMH-Aktie fast nur bergauf. Auch 2019 haben sich die Papiere gut entwickelt und rund 57 Prozent an Wert gewonnen. Hinter dem niederländischen Chipindustrieausrüster ASML teilt sich LVMH mit dem Sportwarenhersteller Adidas den Platz zwei im Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50, der im selben Zeitraum rund ein Viertel zugelegt hat. Zum Vergleich: Die Papiere des französischen Luxusgüterrivalen Kering verzeichneten im laufenden Jahr ein Plus von 40 Prozent.

Auf längere Sicht sieht es für LVMH sogar noch besser aus. Im Jahr 2010 kam erstmals der Sprung über die Marke von 100 Euro. Seither gab es mit Ausnahme kleinerer Rücksetzer nur noch eine Richtung: nach oben. Derzeit kostet ein Anteilsschein fast 410 Euro und damit über vier Mal so viel wie noch vor rund neun Jahren. Richtig Fahrt nahm die Kursentwicklung 2016 auf, als die Papiere noch um die 150 Euro gekostet hatten.

An der Börse kommt LVMH mittlerweile auf eine Marktkapitalisierung von über 207 Milliarden Euro und ist das mit großem Abstand wertvollste börsennotierte Unternehmen der Eurozone. Der wertvollste deutsche börsennotierte Konzern SAP ist rund 153 Milliarden Euro wert und liegt damit im EuroStoxx 50 auf dem zweiten Rang vor L'Oreal (145 Milliarden), Unilever (145) und AB Inbev (144 Milliarden).

Größter LVMH-Anteilseigner ist Konzernchef und -gründer Bernard Arnault, der 47 Prozent am Unternehmen hält. Er gehört dank seiner Beteiligung am florierenden Luxusgüterkonzern zu den reichsten Menschen der Welt und ist laut Daten der Nachrichtenagentur Bloomberg der mit Abstand reichste Mensch Europas./eas/mis/niw/fba