Die japanischen Behörden müssten nun bis zum 10. Dezember Anklage erheben oder ihn freilassen, berichteten mehrere japanische Medien am Freitag. Ghosn, der auch Chef bei Renault ist, sitzt seit dem 19. November in Untersuchungshaft, sie sollte ursprünglich am Freitag enden. Die japanische Nachrichtenagentur Kyodo hatte allerdings schon berichtet, dass die Staatsanwaltschaft plant, eine Verlängerung der Haft zu beantragen. Der Fall beschäftigt auch die Politik: Bei dem anstehenden G20-Gipfel in Buenos Aires wollen sich Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und der japanische Premierminister Shinzo Abe über die Allianz zwischen Renault und Nissan austauschen, wie aus dem Elysee-Palast verlautete.

Die Staatsanwaltschaft in Tokio wollte sich nicht zu den Berichten über eine Haftverlängerung für Ghosn äußern. Der Renault-Chef steht bei dem japanischen Autobauer unter Verdacht, jahrelang Firmengelder für private Zwecke veruntreut und seine Einkünfte um rund die Hälfte zu niedrig angegeben zu haben. Nissan trennte sich deswegen vergangene Woche von ihm, Mitsubishi - wo Ghosn ebenfalls Vorsitzender des Verwaltungsrats war - am Montag. Renault setzte ihn wegen der noch nicht erwiesenen Anschuldigungen bislang nicht als Vorstandschef ab; der französische Autokonzern wird bis auf weiteres operativ von Ghosns Vertreter Thierry Bolloré geführt.

Der tiefe Fall des zuvor hochgelobten Automanagers erschüttert das französisch-japanische Firmenbündnis, das Lebenswerk des 64-jährigen. Einst bewahrte der Pakt zur gemeinsamen Entwicklung und Produktion Nissan vor der Pleite. Unter Ghosns Führung kam dann auch Mitsubishi nach einem Betrugsskandal 2016 wieder auf die Beine. Zu dritt bieten die Autobauer den weltweit führenden Herstellern Volkswagen und Toyota Paroli. Doch Insidern zufolge rumorte es schon länger zwischen den Firmen, weil Renault mit seiner 43-prozentigen Beteiligung an Nissan das Sagen hat, obwohl Nissan mehr Autos verkauft als Renault. Der japanische Partner hält lediglich 15 Prozent an Renault und 34 Prozent an Mitsubishi.

Der französische Staat mischt mit einer Beteiligung von 15 Prozent an Renault ebenfalls mit. Ghosn soll auf Drängen der französischen Regierung eine noch stärkere Kooperation angestrebt haben. In der vergangenen Woche hatten Frankreichs Wirtschaftsminister Bruno Le Maire und sein japanischer Kollege Hiroshige Seko die Unterstützung der beiden Länder für das Bündnis bekräftigt. Le Maire hatte erklärt, er und Seko seien sich einig, dass die Struktur der Unternehmensführung nicht geändert werde. Das hatte Seko aber zurückgewiesen. Die japanische Zeitung Mainichi Shimbun berichtete am Freitag, dass sich Seko in einem Brief an Le Maire empört über dessen Bemerkungen gezeigt hätte. Das japanische Wirtschaftsministerium wollte sich zunächst nicht äußern, das französische Ministerium gab dazu keine Stellungnahme ab.