FRANKFURT (awp international) - Die Lufthansa will nach der Corona-Krise wieder ähnlich profitabel werden wie in ihrem Rekordjahr 2017. Die Fluggesellschaft veröffentlichte am späten Montagabend überraschend hohe Ziele für das Jahr 2024, wenn sich der Luftverkehr weitgehend von dem Einbruch im Zuge der Pandemie erholt haben soll. Die neuen Pläne kamen an der Börse am Morgen zunächst gut an. Die Lufthansa-Aktie konnte die Gewinne aber nicht verteidigen und tendierte zuletzt schwächer. Unterdessen rückt die geplante Kapitalerhöhung näher.

Die Lufthansa-Führung um Vorstandschef Carsten Spohr will die operative Marge vor Zinsen, Steuern und Sondereffekten (bereinigte Ebit-Marge) und die bereinigte Rendite auf das eingesetzte Kapital (bereinigtes ROCE) nach der Corona-Krise kräftig nach oben treiben. So soll die operative Marge im Jahr 2024 mindestens acht Prozent erreichen. Für die bereinigte Kapitalrendite ohne liquide Mittel nimmt sich der Vorstand mindestens zehn Prozent vor.

Im Jahr 2017 hatte die Lufthansa eine bereinigte operative Marge von 8,4 Prozent und eine bereinigte Kapitalrendite von 11,6 Prozent erreicht. 2019 waren die Werte auf 5,6 und 6,6 Prozent jedoch schon deutlich abgesackt, bevor die Corona-Krise die Lufthansa 2020 tief in die roten Zahlen riss. Wegen des Geschäftseinbruchs infolge der Pandemie sackte die Marge auf 40,1 Prozent ins Minus, die bereinigte Kapitalrendite lag bei minus 16,7 Prozent.

Um ihre Ziele zu erreichen, will die Lufthansa ihre Kosten bis 2024 im Vergleich zu 2019 um etwa 3,5 Milliarden Euro senken. Die Hälfte davon soll bis Ende 2021 erreicht sein. Schon bis 2023 sollen die Personalkosten um etwa 1,8 Milliarden Euro schrumpfen. Die Hälfte davon sei durch den Abbau von fast 26 000 Mitarbeitern seit Beginn der Krise bereits erreicht.

In Deutschland will die Lufthansa die Personalkosten durch eine Kombination aus angepassten Tarifverträgen, freiwilligen Abgängen und betriebsbedingten Kündigungen senken. Dies entspreche einer Reduzierung um bis zu 10 000 Stellen, hiess es.

Der Kurs der Lufthansa-Aktie sprang am Morgen zunächst um bis zu 1,5 Prozent nach oben. Zuletzt gaben die Papiere im MDax aber rund ein Prozent nach. Laut dem Branchenexperten Daniel Roeska vom US-Analysehaus Bernstein liegen die Ziele des Vorstands höher als von Analysten im Schnitt erwartet. Er selbst habe aber mit Werten dieser Grössenordnung gerechnet. Wenn das Sparprogramm erfolgreich sei, sollte dieses ausreichen, um die Stückkosten abseits des Treibstoffs geringfügig zu senken, schrieb Roeska.

Die Lufthansa-Aktie ist von ihrem bisherigen Jahreshoch von Anfang März bei knapp 13 Euro inzwischen mit 10,54 Euro wieder deutlich entfernt. Ein erneuter Milliardenverlust im ersten Quartal und gedämpfte Erwartungen des Managements an die Erholung des Luftverkehrs hatten den Kurs belastet. Zudem hatten sich im Mai die Erben des verstorbenen Milliardärs Heinz Hermann Thiele von mehr als der Hälfte ihrer Lufthansa-Aktien getrennt und damit für einen Kursrutsch gesorgt.

Unterdessen steht die Lufthansa in den Startlöchern für eine Kapitalerhöhung zur Rückzahlung erhaltener Staatshilfen, über deren Zeitpunkt und Höhe seit Wochen spekuliert wird. Bereits auf der Hauptversammlung Anfang Mai hatten die Aktionäre dem Unternehmen grünes Licht für eine Kapitalerhöhung von bis zu 5,5 Milliarden Euro gegeben. Inzwischen hat die Lufthansa Banken mit der Vorbereitung der Massnahme beauftragt.

Der Wirtschaftsstabilisierungsfonds des Bundes (WSF) erwäge, auch unter Berücksichtigung der Marktbedingungen, sich ohne den Einsatz zusätzlicher Mittel auf dem Wege einer sogenannten Opération Blanche an einer potenziellen Kapitalerhöhung zu beteiligen, hiess es in der Mitteilung vom Vorabend weiter. Vorstand und Aufsichtsrat hätten aber noch keine Entscheidung über Umfang und Zeitpunkt der Massnahme getroffen. Zudem fehle derzeit die Zustimmung durch den WSF.

Wegen des Geschäftseinbruchs aufgrund der weltweiten Corona-Massnahmen war das Eigenkapital des Unternehmens Ende 2020 auf 1,4 Milliarden Euro zusammengeschmolzen - eine Quote von nur noch 3,5 Prozent der Bilanzsumme nach 24 Prozent im Vorkrisenjahr 2019.

Nach den tiefroten Zahlen im vergangenen Jahr, breiter staatlicher Schützenhilfe und einem gross angelegten Stellenabbau hatte die Lufthansa auch im ersten Quartal einen Milliardenverlust eingeflogen. Für das laufende Jahr erwartet das Management um Lufthansa-Chef Carsten Spohr bislang aber, dass der Konzern im Tagesgeschäft (bereinigtes Ebit) weniger Verlust macht als 2020.

Dank der Fortschritte bei den Impfkampagnen und der zunehmend fallenden Reisebeschränkungen hatte die Lufthansa zuletzt über steigende Buchungszahlen für den Sommer berichtet und angekündigt, bis zu 50 zusätzliche Flugzeuge zu reaktivieren./tav/stw/jha/