BERLIN (dpa-AFX) - Die Digitalisierung hat den Medienkonzern Axel Springer grundlegend verändert: Vom Zeitungsverleger hat sich der "Bild" und "Welt"-Herausgeber hin zum umfassenden Onlineportal- und Inhalteanbieter gewandelt. Auch im Nachrichtenbereich möchte Springer mehr am Onlinetrend verdienen. Neben Online-Bezahlabos für "Bildplus" und "Weltplus" könnte auch eine Partnerschaft mit Facebook interessant sein. Die wichtigsten Punkte für den Konzern, was Experten sagen und wie es für die Aktie läuft:

DAS IST LOS BEI AXEL SPRINGER:

Am 1. April - kein Scherz - sorgte ein Videointerview von Facebook-Chef Mark Zuckerberg mit Springer-Konzernchef Mathias Döpfner für Schlagzeilen. Das soziale Netzwerk kündigte an, Nachrichten über seine Plattform verbreiten zu wollen. Wie genau das aussehen soll, sagte Zuckerberg nicht. Die Option von Lizenzzahlungen an teilnehmende Medienunternehmen für den neuen Dienst schloss er aber nicht aus. Der Facebook-Gründer betonte, er wolle dies gemeinsam mit den Medienhäusern diskutieren - man sei da noch am Anfang.

Welche Möglichkeiten sich aus dem Gespräch für Springer ergeben, ist noch nicht absehbar. Eine Partnerschaft mit dem größten sozialen Netzwerk weltweit würde jedenfalls die Chance auf große Zielgruppen und Reichweiten bedeuten. Zunehmend mehr Menschen lesen Nachrichten online und werden über soziale Netzwerke darauf aufmerksam gemacht.

Springer selbst hat sich in den letzten Jahren immer stärker digital ausgerichtet. Mittlerweile macht der digitale Bereich, wie etwa die Job- und Immobilienportale Stepstone oder Immonet, dem Unternehmen zufolge 71 Prozent des Konzernumsatzes und 84 Prozent des bereinigten Ergebnisses vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) aus. Print-Werbeerlöse erwirtschafteten hingegen weniger als 10 Prozent.

Zuletzt soll Springer ein Auge auf das Kleinanzeigengeschäft von Ebay geworfen haben, wie das Wirtschaftsmagazin "Capital" jüngst berichtete. Springer wollte dies nicht kommentieren. Der Zukauf würde gut zu Springer passen. An der Anzeigensparte Ebay Classifieds Group (ECG), zu der das Autoportal mobile.de und Ebay Kleinanzeigen gehören, hat aber auch schon der Onlinemarktplatz-Betreiber Scout24 sein Interesse angemeldet.

Die eigene Sparte Classifieds Media hat Springer mit der Übernahme der französischen Concept Multimédia, die das Immobilienportal Logic-Immo.com betreibt, 2018 erweitert. Zudem übernahm der Konzern 12,5 Prozent der britischen Immobilienplattform Purplebricks. Eine gemeinsame Beteiligungsgesellschaft mit Purplebricks sicherte sich zudem 22 Prozent an der Berliner Immobilienplattform Homeday. Die Kartellbehörden stimmten den Übernahmen mittlerweile zu. 2019 will Konzernchef Döpfner mehr in Wachstum investieren und plant einen zweistelligen Millionenbetrag dafür ein.

Neben dem sich gut entwickelnden Digitalgeschäft will der MDax-Konzern auch seine journalistischen Produkte besser aufstellen. Döpfner sieht sich da auf einem guten Weg: Die kostenpflichtigen Digitalangebote "Bildplus" und "Weltplus" hätten insgesamt bereits mehr als 500 000 zahlende Kunden.

DAS SAGEN ANALYSTEN:

Das Gespräch zwischen Springer-Chef Döpfner und Facebook-Chef Zuckerberg schätzt die US-Investmentbank Morgan Stanley positiv ein. Analyst Patrick Wellington wies darauf hin, dass Zuckerberg Interesse an qualitativ hochwertigen Nachrichten bekundet habe und auch bereit sei, dafür zu zahlen. Auch wenn die Details hierzu noch sehr vage seien, dürfte Axel Springer als einer der großen Verlage Europas von einem solchen Vorhaben profitieren.

Die Schweizer Großbank UBS hält das gestiegene Interesse von Finanzinvestoren an Onlineportal-Anbietern für eine gute Nachricht für den Sektor. Für Analystin Patricia Pare ist Axel Springer unter den europäischen Betreibern von Online-Anzeigenportalen das am attraktivsten bewertete Unternehmen. Ängste vor einem schwächelnden deutschen Arbeitsmarkt - was weniger Jobanzeigen für Stepstone bedeuten würde - hält sie für übertrieben. Das Jobportal könne auch einer schwächeren Entwicklung standhalten.

Pare empfiehlt Springer jedoch die Überprüfung seines Portfolios und eine Vereinfachung der Struktur. Trotz eines starken Umsatzwachstums der Jobportale habe sich die Marge des Gesamtsegments Classifieds vier Jahre in Folge verschlechtert.

Die Privatbank Berenberg rät zum Verkauf der Aktie. Der Ausblick des Konzerns auf 2019 habe die Erwartungen verfehlt, schrieb Analystin Sarah Simon. Sie senkte ihr Kursziel auf 43 Euro, was einem Abwärtspotential bei einem derzeitigen Kurs von rund 48 Euro von mehr als zehn Prozent entspricht.

Insgesamt acht Analystinnen und Analysten im dpa-AFX-Analyser raten zum Kauf der Aktie, fünf empfehlen sie zu halten und nur die Privatbank Berenberg rät zum Verkauf. Das durchschnittliche Kursziel liegt bei 59 Euro.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Die Aktionäre straften den Ausblick mit angekündigten Investitionen Anfang März ab. Die Aktie fiel unter 50 Euro und in den folgenden Tagen bis auf ein Tief bei 44,10 Euro Ende März. Seitdem ging es für die Springer-Aktie wieder aufwärts. Damit bewegen sich die Papiere wieder auf dem Niveau von Anfang 2017. Vom Hoch Ende Februar 2018 bei über 74 Euro ist die Aktie jedoch noch weit entfernt. Seitdem hat das Papier mehr als ein Drittel an Wert verloren. Zuletzt wurde sie mit knapp 48 Euro gehandelt.

Im Vergleich zu anderen im MDax notierten Medienhäusern wie RTL und ProSiebenSat.1 steht Springer im hinteren Mittelfeld. RTL verzeichnete seit Jahresbeginn ein Plus von knapp sechs Prozent, die ProSiebenSat.1-Aktie büßte hingegen fast zwölf Prozent ein. Axel Springer gab im gleichen Zeitraum drei Prozent nach. Der europäische Medienindex Stoxx Europe 600 Media legte seit Januar hingegen neun Prozent zu.

Ende November letzten Jahres hatte Friede Springer die Mehrheitsverhältnisse im Unternehmen neu geordnet. Damit stärkte sie ihre Position deutlich, über die Zukunft des Unternehmens zu bestimmen.

Die Witwe des Verlagsgründers Axel Springer übernahm die volle Kontrolle über den Großaktionär des Unternehmens, der Axel Springer Gesellschaft für Publizistik GmbH & Co. Die beiden bisher ebenfalls an der Axel Springer Gesellschaft für Publizistik GmbH & Co beteiligten Enkelkinder des Verlagsgründers Axel Springer, Ariane und Axel Sven, erhielten dafür direkte Anteile an der börsennotierten Axel Springer SE. Friede Springer hält damit 38 Prozent am Unternehmen über die Axel Springer Gesellschaft für Publizistik GmbH & Co. Dazu kommt ein direkt gehaltener Anteil von rund 5 Prozent./elm/nas/jha/