Berlin (Reuters) - Die deutschen Geheimdienste hatten nach Angaben von mehreren Bundestagsabgeordneten keine eigenen Erkenntnisse über Wirecard und den flüchtigen Ex-Vorstand Jan Marsalek.

"Es ist so, dass die deutschen Nachrichtendienste Wirecard und Herrn Marsalek bis zur Insolvenz praktisch nicht kannten", sagte der FDP-Finanzpolitiker Florian Toncar am Donnerstag im Bundestag. "Das war eine Nullnummer."

Marsalek werden sehr gute Kontakte nach Österreich, Russland und in den arabischen Raum nachgesagt, auch zu Geheimdiensten. Früheren Medienberichten zufolge wird er in Russland vermutet. "Er ist fröhlich aus Deutschland herausspaziert", sagte Fabio De Masi von den Linken. Sein Aufenthaltsort sei weiterhin nicht bekannt.

Der parlamentarische Untersuchungsausschuss zu dem milliardenschweren Wirecard-Bilanzbetrug hatte extra einen Sonderermittler zu den Geheimdienstkontakten von Wirecard eingesetzt. Wolfgang Wieland, der von 2005 bis 2013 für die Grünen im Bundestag saß, stellte den Abgeordneten am Donnerstag seinen Abschlussbericht vor. CDU-Finanzpolitiker Matthias Hauer nannte die Ergebnisse aber dünn.

Auch der frühere Geheimdienst-Koordinator im Kanzleramt, Klaus-Dieter Fritsche, warb 2019 für den ehemaligen Dax-Konzern. Der 67-Jährige sagte im U-Ausschuss, er habe als Lobbyist für Wirecard vier Tagessätze zu jeweils 1500 Euro abgerechnet. Er habe dem Unternehmen bessere Kontakte in die Politik vermitteln wollen. Ex-Vorstandschef Markus Braun, der mittlerweile in Untersuchungshaft sitzt, oder Marsalek habe er aber nie getroffen.

Wirecard war im Juni 2020 nach Bekanntwerden milliardenschwerer Luftbuchungen in die Pleite gerutscht. Die Münchner Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Bilanzfälschung, Betrug, Marktmanipulation und Geldwäsche.