BEAVERTON (awp international) - Der Adidas-Konkurrent Nike profitiert kräftig vom Ende vieler Corona-Beschränkungen in den USA. Nachdem Nike das vergangene Quartal unerwartet stark abgeschlossen hat, gibt sich die Konzernspitze auch mittelfristig optimistisch. Im neuen Geschäftsjahr will der Konzern erstmals die Umsatzmarke von 50 Milliarden US-Dollar (41,9 Mrd Euro) knacken, wie das Management um Nike-Chef John Donahoe auf einer Telefonkonferenz erläuterte. An der Börse gab dies der Nike-Aktie viel Rückenwind, und auch die Papiere der deutschen Konkurrenten Adidas und Puma profitierten.

Laut dem Mittelfristausblick vom späten Donnerstagabend will Nike seine Erlöse bis 2025 im hohen einstelligen bis niedrigen zweistelligen Prozentbereich steigern. Das Ergebnis je Aktie soll im mittleren bis hohen Zehnprozentbereich zulegen. Für das Anfang Juni angelaufene Geschäftsjahr sagt Nike ein Umsatzplus im niedrigen zweistelligen Prozentbereich voraus, wobei das Wachstumstempo wegen des anziehenden Interesses der Kunden im ersten Halbjahr höher ausfallen dürfte.

Im Ende Mai abgeschlossenen vierten Quartal des Geschäftsjahres 2020/21 waren die Erlöse weltweit mit 12,3 Milliarden Dollar (10,3 Mrd Euro) fast auf das Doppelte des Vorjahreswertes geschnellt. Treiber war insbesondere das Nordamerika-Geschäft, dort ging der Umsatz um 141 Prozent auf knapp 5,4 Milliarden Dollar hoch. Bei Sportbekleidung gab es die grössten Zuwächse. Damit übertraf der weltweit grösste Sportartikelhersteller die Markterwartungen deutlich.

Analysten hatten für das Ende Mai abgeschlossene vierte Geschäftsquartal eher mit Erlösen von rund elf Milliarden Dollar gerechnet. Zugleich verwies Nike selbst auf den Effekt der Corona-Krise, der das Geschäft ein Jahr zuvor stark belastet hatte. Im Vergleich zum entsprechenden Vierteljahr 2019 betrug das Umsatzplus 19 Prozent.

Der weltgrösste Sportartikelhersteller gewinnt derzeit auch an Tempo, da mit den Aufhebungen der Lockerungen zahlreiche Sportevents in den USA und Europa wieder aufgenommen werden. Nike verdiente in den letzten drei Monaten seines Geschäftsjahres 1,5 Milliarden Dollar nach einem Verlust von 790 Millionen Dollar im Vorjahresquartal. Der Gewinn pro Aktie erreichte damit 93 US-Cent, während Analysten von rund 50 Cent ausgegangen waren. Für das Gesamtjahr wies der Konzern ein Umsatzplus von 19 Prozent auf 44,5 Milliarden Dollar aus. Unter dem Strich stieg der Gewinn binnen zwölf Monaten auf 5,7 Milliarden Dollar.

Im vorbörslichen Handel ging es für die Nike-Papiere am Freitag um 12 Prozent nach oben, womit der Kurs auf einen Rekord zusteuern würde. Am Vorabend hatten die Aktien noch bei 133,60 Dollar geschlossen, das bisherige Hoch bei knapp 148 Dollar stammt von Ende 2020. An der Börse wurden die Nachrichten von Nike auch als gutes Omen für die deutschen Konkurrenten Adidas und Puma gedeutet. Beide Konzerne hatten sich nach einem starken ersten Quartal 2021 zuletzt optimistischer gezeigt. Für den Adidas-Kurs ging es im zuletzt um mehr als 7 Prozent auf 308,45 Euro, Puma verteuerten sich um gut 3 Prozent auf 98,22 Euro.

Auch bei den Analysten kam das Zahlenwerk von Nike bestens an: Jefferies-Experte Randal Konik erklärte, die Zahlen untermauerten die Stärke der Marke Nike. Die Kunden des Konzerns kauften das Label unabhängig vom Preis. RBC-Analystin Beth Reed sprach von einem starken Schlussquartal. Auch der Ausblick für das mittelfristige Wachstum sei "recht beeindruckend". Es gebe noch erhebliches Potenzial für steigende Ergebnisse. Beide hoben ihre Kursziele.

Nike-Chef John Donahoe, der einst die Handelsplattform Ebay führte, arbeitet daran, die Direktverkäufe an Verbraucher sowohl über die hauseigenen Läden als auch über das Internet zu steigern. Das zahlte sich in der Pandemie aus, in der viele Geschäfte und Einkaufszentren geschlossen blieben. Die Erlöse über das Internet zogen im vergangenen Geschäftsjahr um mehr als 60 Prozent an, die Direkterlöse stiegen um fast ein Drittel. Sie machen jetzt gut 38 Prozent des Nike-Geschäfts aus. Nike habe rund 300 Millionen registrierte Direktkunden, hiess es.

In China fiel das Umsatzwachstum für Nike im vergangenen Quartal mit nur 17 Prozent drastisch niedriger aus als im Rest der Welt. Nike gehört zu den Unternehmen, die in chinesischen sozialen Medien angegriffen wurden, nachdem sie von Zwangsarbeit in der autonomen Region Xinjiang gesprochen hatten. Analysten hatten deswegen ein besonderes Augenmerk auf die China-Zahlen. Donahoe betonte, dass Nike eine langfristige Sicht auf den chinesischen Markt habe und die Marke dort beliebt sei. An der Börse wurden die China-Zahlen indes bemängelt, denn sie waren laut Börsianern weniger gut als gedacht, wofür vor allem die Reaktion der Chinesen nach der Kritik am Umgang mit der Minderheit der Uiguren verantwortlich gemacht wurden/tav/so/ngu