ESSEN (dpa-AFX) - Premiere für Martina Merz. Die neue Vorstandsvorsitzende von Thyssenkrupp präsentiert am Donnerstag (10.00 Uhr) erstmals die Bilanz des angeschlagenen Stahl- und Industriekonzerns. Merz hatte erst am 1. Oktober das Ruder bei dem Traditionskonzern aus dem Ruhrgebiet übernommen - weil der Aufsichtsrat unter ihrer Führung dem bisherigen Vorstandschef Guido Kerkhoff den Laufpass gegeben hatte.

Merz will nur ein Jahr Vorstandschefin bleiben und dann in den Aufsichtsrat zurückkehren. Was sie in dieser Zeit mit Thyssenkrupp vorhat, ist bislang nur in Umrissen bekannt. Die mehr als 160 000 Mitarbeiter hat Merz bereits auf harte Einschnitte eingestimmt. In einigen Bereichen des Konzerns werde es "nicht ohne einen signifikanten Stellenabbau gehen".

Nach den noch unter Kerkhoff ausgearbeiteten Plänen sollen 6000 Stellen abgebaut werden, davon 4000 in Deutschland. Erste konkrete Stellenstreichungen hatte Thyssenkrupp am Mittwoch mitgeteilt. So sollen in dem Geschäftsbereich, der Produktionsanlagen für die Automobilindustrie fertigt, deutschlandweit 640 Stellen wegfallen.

Merz ist aber Befürchtungen entgegengetreten, von Thyssenkrupp werde kaum noch etwas übrig bleiben. "Es geht nicht um einen Ausverkauf", hatte sie in einem Brief an die Mitarbeiter versichert. Vor allem um die Zukunft der profitablen Aufzugssparte wird bei Thyssenkrupp gerungen. Vom Teil-Börsengang bis zu einem Komplettverkauf prüft das Management alle Optionen.

Den aus dem Dax abgestiegenen Industriekonzern drücken rote Zahlen und hohe Schulden. Trotz der allgemein guten Wirtschaftsentwicklung in den vergangenen Jahren hatte Thyssenkrupp kaum Gewinne gemacht. Die Essener leiden noch immer an einer misslungenen Expansion nach Amerika, die zu Milliardenverlusten geführt hatte. Eine Trennung zumindest von Teilen der Aufzugssparte soll deshalb Geld in die leeren Kassen bringen und helfen, den Konzernumbau zu finanzieren.

Thyssenkrupp will sich wieder mehr auf seine Stammgeschäfte Stahl und Werkstoffhandel konzentrieren. Doch dafür ist die Situation derzeit wenig günstig. Die Stahlindustrie leidet unter der schwachen Nachfrage ein in Europa und weltweiten Überkapazitäten. Der indische Stahlkonzern Tata streicht deshalb bis zu 3000 Stellen in Europa. Im Sommer war eine Stahlfusion von Thyssenkrupp mit Tata von der EU-Kommission untersagt worden./hff/DP/zb