Berlin (Reuters) - Der Axel-Springer-Verlag relativiert einen umstrittenen Vergleich von Konzernchef Mathias Döpfner zwischen den Corona-Einschränkungen in Deutschland und der DDR.

Döpfner halte die Bundesrepublik nicht vergleichbar mit der DDR, erklärte das Berliner Medienhaus am Dienstag. "Das wäre komplett absurd und sollte für jeden offenkundig sein, der den publizistischen Äußerungen von Döpfner folgt." Zudem gebe es in privaten Dialogen Mittel der Ironie und bewussten Übertreibung. Der Konzernchef und Großaktionär habe sich absichtlich sehr überspitzt geäußert.

Döpfners SMS an den Autoren Benjamin von Stuckrad-Barre rund um die Vorwürfe des inzwischen abgesetzten Bild-Chefs Julian Reichelt vom März war jüngst bekannt geworden und hatte nicht nur in der Medienwelt für Aufsehen gesorgt. Mit Blick auf einen kritischen Kommentar Reichelts zu Corona-Einschränkungen hatte Döpfner geschrieben, der damalige "Bild"-Chefredakteur sei "der letzte und einzige Journalist in Deutschland", der noch mutig "gegen den neuen DDR-Obrigkeitsstaat" aufbegehre. "Fast alle anderen sind zu Propaganda Assistenten geworden."

Döpfner ist seit 2016 Präsident des Bundesverbands Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) und damit Chef-Lobbyist der Medien im politischen Berlin. Der Verband erklärte, Döpfner habe die Äußerungen als Springer-Chef in einem privaten Austausch gemacht. Deshalb werde der BDZV dies nicht kommentieren. "Uns sind bisher keine Reaktionen aus der Mitgliedschaft bekannt", hieß es zudem.

Der Springer-Verlag hatte Reichelt am Montag mit sofortiger Wirkung von seinen Aufgaben entbunden. Reichelt soll auch nach einer internen Untersuchung wegen Vorwürfen des Machtmissbrauchs im Frühjahr 2021 Privates und Berufliches nicht klar getrennt und eine Beziehung mit einer "Bild"-Journalistin gehabt haben sowie den Vorstand dazu belogen haben. Neuer Vorsitzender der dreiköpfigen "Bild"-Chefredaktion ist der bisherige Chefredakteur der "Welt am Sonntag", Johannes Boie. Dieser stellte sich am Dienstag im Beisein von Döpfner der Redaktion vor. Einem Teilnehmer zufolge sagte Boie, es gehe nun darum, wieder mehr Schlagzeilen zu machen als Schlagzeile zu sein.

Für Springer ist die Entwicklung besonders pikant, weil die "New York Times" einen umfassenden Bericht dazu veröffentlicht hat, indem Springer, Döpfner und Reichelt als bisher wichtigster Journalist des Konzerns nicht gut wegkommen. Denn Springer sieht sich als Europas größter Digitalverlag und möchte auch weltweit die Nummer eins werden. Dafür nehmen die Berliner den US-Medienmarkt verstärkt in den Fokus. Springer hat vor kurzem mit dem Kauf der US-Nachrichtenfirma Politico die größte Investition in seiner Firmengeschichte angekündigt. Insidern zufolge zahlt der Konzern mehr als eine Milliarde Dollar.

Mit dem Rückenwind des größten Aktionärs, dem US-Finanzinvestors KKR, will Springer weiter expandieren. Die Beteiligungsgesellschaft war 2019 bei den Berlinern eingestiegen und erwägt laut "Manager Magazin" separate Börsengänge der einzelnen Segmente, um in einigen Jahren wieder auszusteigen. "Welche der vielen Möglichkeiten die passende ist, müssen wir zu gegebener Zeit evaluieren", sagte Philipp Freise, der Co-Chef des Private-Equity-Geschäfts in Europa bei KKR, dem Magazin. "Springer ist ein Juwel, für das es viele Möglichkeiten gäbe."