(neu: Aussagen aus der Bilanzpressekonferenz, Aktienkurs)

NEUBIBERG (dpa-AFX) - Der Halbleiterkonzern Infineon hat im vergangenen Geschäftsjahr von der guten Nachfrage nach Chips für die Automobilindustrie profitiert und bei Umsatz und Gewinn deutlich zugelegt. Aktionäre dürfen sich nun über eine höhere Dividende freuen. Im vierten Quartal sorgte der schwächere Dollar jedoch für deutliche Bremsspuren und verhinderte ein noch besseres Ergebnis. Die Wachstumsaussichten für das neue Geschäftsjahr bleiben intakt - allerdings gab der Konzern eine vorsichtige Margenprognose.

Für Investoren war es erst die Liebe auf den zweiten Blick. Gab die Aktie nach der Vorlage der Zahlen am Dienstag zu Beginn noch deutlich nach, wendete sich das Blatt im Handelsverlauf. Gegen Mittag notiert das Papier bei 24,42 Euro, ein Plus von fast 5 Prozent. Denn trotz des zunehmenden Gegenwinds durch Währungseffekte bleibt das Gesamtbild positiv: Die Halbleiterindustrie boomt. Und Infineon will im laufenden Geschäftsjahr stärker wachsen als der Markt. Vorstandsvorsitzender Reinhard Ploss zeigte sich zuversichtlich, dass der Aufschwung in der Industrie "noch eine Weile" anhalten wird.

In einer von zunehmender Konsolidierung geprägten Branche setzt Infineon dabei weiterhin auf die eigene Unabhängigkeit. Dies betonte der Konzernchef auf der Bilanzpressekonferenz in Neubiberg bei München erneut. "Wir können erfolgreich auf eigenen Beinen stehen", so Ploss. "Gefährdet" sieht er Infineon nicht. Das Unternehmen will selbst aktiver Konsolidierer sein. Allerdings zielt der Manager nicht auf Größe: Mögliche Zukäufe müssten strategisch Sinn machen.

Das Übernahmekarussell dreht sich derzeit wieder schneller - zuletzt hatte US-Chiphersteller Broadcom ein Angebot für den Rivalen Qualcomm vorgelegt, was dieser aber ablehnte. Ploss sieht die Branche angesichts der Zahl der verschiedenen Unternehmen immer noch "wenig konsolidiert".

Mit seinem Produktportfolio sieht Ploss den Dax-Konzern gut für die Zukunft gerüstet. Wachstumstreiber bei Infineon ist und bleibt das Geschäft mit Chips für die Automobilindustrie - trotz einer kleinen Delle im vierten Quartal, als Umsatz und Ergebnis leicht sanken. Schlüsselelemente sind dabei Trends in der Elektromobilität und Fahrerassistenzsysteme. Gerade bei automatisiertem Fahren steigt die Zahl der Radarsensoren pro Auto - hiervon profitiert Infineon. So erwartet das Management, dass das Automobilgeschäft im neuen Geschäftsjahr wieder stärker wachsen wird als der Konzern.

Auch das Geschäft mit Industriehalbleitern soll weiter zulegen. Hier zahlte sich für Infineon der zunehmende Trend zu automatisierten Produktionsmaschinen und Robotik aus. Ein weiterer wichtiger Trend ist das Internet der Dinge.

Zudem will Infineon seine Kompetenzen im Software-Bereich ausbauen. Dieser gewinnt auch im Halbleitergeschäft im Zuge der Digitalisierung zunehmend an Bedeutung. Dennoch wolle sich Infineon nicht in ein Softwareunternehmen verwandeln. "Wir bleiben ein Hardware-Unternehmen", so Ploss. Doch künftig will der Konzern verstärkt Gesamtlösungen anbieten.

Für das neue Geschäftsjahr kündigte Infineon insgesamt eine Fortsetzung des Wachstums an, rechnet aber zunächst weiter mit Gegenwind durch einen schwächeren Dollar. Im Gesamtjahr 2017/18 erwartet Infineon ein Umsatzplus von 7 bis 11 Prozent und damit ein ähnlich hohes Wachstum wie im Vorjahr. Damit will Infineon schneller wachsen als die Branche - der weltweite Halbleitermarkt soll 2018 um 5 Prozent zulegen. Sollte sich die Situation an der Währungsfront entspannen, stellte Infineon-Chef Reinhard Ploss ein noch höheres Wachstum in Aussicht.

Bei der Margenprognose zeigt sich das Infineon-Management traditionell zurückhaltend: Sie soll nahezu unverändert bei 17 Prozent in der Mitte der Umsatzspanne verharren. Damit liegt sie aber immer noch im mittelfristigen Zielkorridor. Neben höheren Kosten durch den starken Euro kommen noch höhere Investitionen auf Infineon zu: 1,1 bis 1,2 Milliarden Euro, was gemessen am Umsatz über dem normalen Infineon-Schnitt liegt. Doch der Konzern will aggressiv wachsen und dafür seine Kapazitäten erhöhen. Unter anderem soll die Fertigung von 300-mm-Dünnwafern in Dresden ausgebaut werden.

Im Ende September beendeten Geschäftsjahr konnte Infineon trotz eines durchwachsenen Schlussquartals den Umsatz um 9 Prozent auf knapp 7,1 Milliarden Euro steigern. Das für den Konzern entscheidende operative Ergebnis, das Segmentergebnis, legte überdurchschnittlich um fast ein Viertel auf 1,2 Milliarden Euro zu. Die Zahlen lagen damit im Rahmen der von Infineon ausgegebenen und im März erhöhten Prognose. Unter dem Strich erhöhte der Halbleiterhersteller den Gewinn von 744 auf 790 Millionen Euro. Die Dividende soll daher um 14 Prozent auf 0,25 Euro je Aktie angehoben werden./nas/tav/stk