St. Gallen (awp) - Vifor-Pharma erweitert seine Stellung im Markt für Nierenerkrankungen. Über eine Lizenzvereinbarung mit dem US-Unternehmen Angion Biomedica sichert sich Vifor den Zugang zum Produktkandidaten ANG-3777, der zur Behandlung von verzögerter Transplantatfunktion (DGF) entwickelt wird, sowie von für Nierenverletzungen, die während Herzoperationen entstehen (CSA-AKI). Gleichzeitig stellt CEO Stefan Schulze im Gespräch mit AWP sein Umsatzziel für 2025 vor.

Im Rahmen der Vereinbarung wird Vifor Pharma die weltweite Exklusivlizenz für alle nephrologischen Indikationen von ANG-3777 erhalten - ausgenommen sind China, Taiwan, Hongkong und Macao. Im Gegenzug erhält Angion bis zu 80 Millionen US-Dollar, einschliesslich einer Vorauszahlung von 30 Millionen, einer Kapitalbeteiligung von 30 Millionen sowie 20 Millionen in Form von Meilensteinzahlungen für klinische Studien.

Darüber hinaus hat Angion Anspruch auf bis zu 260 Millionen US-Dollar an marktzugangsbezogenen Meilensteinzahlungen bei Zulassung in den USA und der EU, sowie Verkaufsmeilensteinen und gestaffelten Lizenzgebühren auf dem weltweiten Nettoumsatz.

"Mit dieser Lizenzvereinbarung schliessen wir eine Lücke in unserem bisherigen Portfolio bei den Nieren-Therapien", sagte Stefan Schulze, Chief Executive Officer von Vifor Pharma, im Gespräch mit AWP. Während das Unternehmen in Europa auf seine Vertriebsleute zurückgreifen kann, um das Produkt im Falle einer Zulassung dann zu vermarkten, müsste man in den USA in den Aufbau eines solchen Teams dann noch mal investieren. "Das käme am Ende dann aber auch dem Krankenhausgeschäft mit Veltassa zugute", so Schulze weiter.

Bei der verzögerten Transplantatfunktion handelt es sich laut Mitteilung um eine schwere Form der akuten Nierenschädigung, die durch eine sogenannte Ischämie-Reperfusionsverletzung nach Nierentransplantation entsteht. Ein Reperfusionsschaden ist ein Krankheitsprozess, der durch die wiederhergestellte Durchblutung nach einer mehr oder weniger lang andauernden Minderdurchblutung (Ischämie) etwa eines Organs ausgelöst wird.

Bei ANG-3777 handelt es sich laut Mitteilung um ein kleines Molekül, das die biologische Aktivität des Hepatozyten-Wachstumsfaktors (HGF) nachahmt, einem Protein, das beispielsweise an der Wundheilung beteiligt ist. ANG-3777 hat allerdings eine wesentlich längere Halbwertszeit als HGF, und Angion gibt sich überzeugt, dass ANG-3777 das Potenzial hat, ein "erstklassiges" Therapeutikum zur Behandlung akuter Organverletzungen zu werden.

Verschiedene Studien laufen

Erprobt wird der Kandidat derzeit in klinischen Studien. Dazu zählt etwa eine Phase-III-Zulassungsstudie bei transplantationsbedingten akuten Nierenschäden, eine Phase-II-Proof-of-Concept-Studie zur Behandlung akuter Nierenschäden bei herzchirurgischen Eingriffen mit kardiopulmonaler Bypass-Operation und eine Phase-II-Proof-of-Concept-Studie bei Patienten mit akuten Lungenschäden im Zusammenhang mit COVID-19-Pneumonie.

Die Daten aus der Phase-III-Studie dürften den Angaben zufolge gegen Ende 2021 verfügbar sein.

Während Angion für die Durchführung der Studie verantwortlich ist, werden sich die beiden Unternehmen die Verantwortung für die Zulassungsgesuche in den lizenzierten Gebieten teilen.

Blockbuster-Potenzial

Je nach Indikation traut Schulze dem Kandidaten ein deutliches Umsatzpotenzial zu. "Einen richtigen Markt gibt es noch nicht in diesem Therapiebereich, da es noch keine zugelassene Behandlung gibt", erklärte Schulze. Der medizinische Bedarf sei aber immens. So schätzt der Manager, dass die Zahl der Patienten im Bereich DGF bei etwa 15'000 liegt. "Hierbei kann man beim möglichen Umsatz sicher von niedrigen bis mittleren dreistelligen Millionenbeträgen ausgehen."

Als deutlich grösser schätzt Schulze den Markt in der Indikation CSA-AKI ein. "In diesem Markt sind auch Blockbuster-Umsätze in Richtung einer Milliarde denkbar." Gerade mit Blick auf die Umsatzziele für 2025 würde der Kandidat damit einen wichtigen Beitrag leisten. Wie Schulze in dem Gespräch nämlich erklärte, hat er sich für das Unternehmen für 2025 ein Umsatz-Ziel von mehr als 3 Milliarden Franken auf die Fahnen geschrieben.

Gleichzeitig erteilt der Vifor-Chef grösseren Übernahmen zwar eine Absage, stellt aber weitere Lizenzabkommen für die Zukunft in Aussicht.

hr/an