Zürich (awp) - Die Credit Suisse kommt nicht aus den Turbulenzen. Nach einem weiteren Quartal mit tiefroten Zahlen nehmen gleich drei Mitglieder der Geschäftsleitung ihren Hut, darunter der Finanzchef und der Chefjurist.

Den erneuten Quartalsverlust hatte die Credit Suisse bereits in der Vorwoche angekündigt. Unter dem Strich resultierte für die ersten drei Monate 2022 nun ein Reinverlust von 273 Millionen Franken. Belastet wurde das Ergebnis nicht zuletzt von hohen Rückstellungen für Rechtsstreitigkeiten über 703 Millionen Franken, wie die CS am Mittwoch mitteilte. Bereits im ersten Quartal 2021 war die Grossbank wegen dem Archegos-Debakel in die roten Zahlen gefallen.

Ein Viertel der Geschäftsleitung geht

Gleich drei Mitglieder der zwölfköpfigen CS-Geschäftsleitung gaben nun am Mittwoch ihren Rücktritt bekannt. Zu diesen gehört der altgediente Finanzchef David Mathers, der seinen Posten noch 2010, also in der Ära des damaligen CEO Brady Dougan, angetreten hatte. Er werde allerdings seine Funktion noch so lange wahrnehmen, bis ein Nachfolger gefunden werde, betonte er selbst am Mittwoch vor den Medien.

Den Posten räumt auch Rechtschef Romeo Cerutti, der wegen der anhaltend hohen Kosten für Rechtsstreitigkeiten immer stärker in den Fokus gerückt war. Sein Nachfolger verfügt über langjährige Erfahrung bei der Konkurrenz: Der künftige CS-Chefjurist Markus Diethelm war erst im vergangenen Herbst von derselben Funktion bei der Grossbank UBS zurückgetreten - unter anderem war er dort für den Frankreich-Prozess zuständig gewesen.

Seinen Hut nimmt zudem der Leiter der Region Asien-Pazifik (APAC), Helman Sitohang. Der singapurische Staatsbürger war immer wieder mit dem Debakel um die "Greensill-Fonds" in Verbindung gebracht worden - so wurde ihm eine enge Kundenbeziehung mit dem australischen Financier Lex Greensill nachgesagt.

Neuer APAC-Chef wird nun der derzeitige CEO Südostasien, Edwin Low. Besetzt hat die CS zudem den CEO-Posten für die Region Europa, Mittlerer Osten und Afrika (EMEA), der ad interim von Vermögensverwaltungschef Francesco De Ferrari wahrgenommen wurde. Neue EMEA-CEO wird nun Francesca McDonagh, die zuletzt Chefin der Bank of Ireland war.

Starke Bremsung

CEO Thomas Gottstein und der abtretende Mathers mussten am Mittwoch nicht nur einen hohen Verlust, sondern auch einen heftigen Rückgang der Erträge bekanntgeben: In den ersten drei Monaten des Jahres erwirtschaftete die CS einen Nettoertrag von 4,41 Milliarden Franken, was einem Rückgang um 42 Prozent gegenüber dem allerdings sehr starken Vorjahresquartal entsprach. Gebremst wurde die Bank von ihrer eigenen Restrukturierung, aber auch von den verschlechterten Marktbedingungen in der Folge des Ukraine-Kriegs und der geldpolitischen Unsicherheit.

Ein schwaches Ergebnis erzielte insbesondere die Investment Bank, wo die CS nach dem Archegos-Debakel ihre Risikobereitschaft deutlich verringert und den Ausstieg aus dem Prime Brokerage-Geschäft fortgesetzt hat. Schwächer zeigten sich aber auch die Resultate in der Vermögensverwaltung, wo sich die Kunden vor allem in Asien deutlich zurückhielten. Einen Ertragsanstieg vermeldete die Grossbank lediglich im Schweiz-Geschäft, welches allerdings auch von Immobilienverkäufen profitierte.

Immerhin konnte die Credit Suisse Neugelder in Höhe von 7,9 Milliarden Franken anziehen: Dazu hätten alle Divisionen beitragen, betonte CS-Chef Thomas Gottstein vor den Medien. Allerdings lag der Zufluss deutlich unter den 28,4 Milliarden des Vorjahresquartals.

Übergangsjahr 2022

Weiter zurückfahren wird die CS derweil ihr Russlandgeschäft, auch wenn sie in dem Land weiterhin über eigene Gesellschaften und über eine Banklizenz verfügt. Von russischen Kunden - ob wohnhaft in Russland oder im Westen - nehme die Bank weiterhin kein Neugeld an, bekräftigte Gottstein. Insgesamt machen die Vermögen russischer Kundinnen und Kunden noch etwas unter 4 Prozent der verwalteten Vermögen der CS aus.

Erneut sagte Gottstein vor den Medien, dass das Jahr 2022 ein "Übergangsjahr" für die Credit Suisse darstelle. So dürften die Vorteile der Neuorganisation und die Kosteneinsparungen erst ab 2023 zum Tragen kommen. Trotz des schlechten Jahresstarts solle aber im laufenden Jahr ein Gewinn resultieren, bestätigte der CEO. "Das ist weiterhin klar unsere Erwartung."

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