Zürich (Reuters) - Der neue Credit-Suisse-Verwaltungsratspräsident Antonio Horta-Osorio stimmt die Schweizer Großbank auf schwierige Zeiten ein.

Als Mitarbeiter und Chef von mehreren Banken in verschiedenen Ländern habe er in den vergangenen dreieinhalb Jahrzehnten viele Krisen miterlebt. "Doch das war sicher nicht zu vergleichen mit dem, was bei der Credit Suisse in den letzten acht Wochen in Zusammenhang mit dem US-Hedge-Fonds und den Supply-Chain-Finance-Funds geschehen ist", sagte er am Freitag nach seiner Wahl mit Blick auf das Doppel-Debakel rund um Archegos und Greensill. Nun müssten die Lehren gezogen werden. "Vor uns liegen schwierige Zeiten und harte Entscheidungen."

Credit Suisse ist nicht der erste Krisenfall, dessen sich Horta-Osorio annimmt. Als er 2011 Lloyds-Konzernchef wurde, kämpfte die von der Finanzkrise schwer getroffene britische Großbank ums Überleben, inzwischen ist das Institut saniert.

Bei der Credit Suisse werde er sich in den kommenden Monaten auf die drei Bereiche Risikomanagement, Strategie und Kultur konzentrieren. Die aktuellen und potenziellen Risiken der Credit Suisse müssten unmittelbar und gründlich untersucht werden. Die Bank habe eine hervorragende Marktposition und Kundenbasis. Er werde dafür sorgen, dass das Institut dort, wo es Stärken und Wettbewerbsvorteile habe, weiter Spitzenleistungen bringe. "Wir werden uns die nötige Zeit nehmen, um die strategischen Optionen der Bank eingehend zu prüfen." Eine Reihe von Rückschlägen habe das Institut zurückgeworfen, und er müsse den Ursachen nachgehen. "Wir müssen eine Kultur fördern, die die Bedeutung des Risikomanagements stärkt, die richtigen Anreize setzt, auch bei der Vergütung, und das Augenmerk auf die persönliche Verantwortung und Rechenschaft konzentriert."

RISIKO-CHEF WIRFT HIN

Der 57-jährige Portugiese stellte sich hinter den seit gut einem Jahr amtierenden Konzernchef Thomas Gottstein, der als Folge der Krise in der Kritik steht. "Thomas Gottstein hat das Vertrauen des Verwaltungsrats, und ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit ihm und den weiteren Geschäftsleitungsmitgliedern."

Horta-Osorio übernimmt eine der schwierigsten Führungsaufgaben, die die europäische Bankenbranche zur Zeit zu bieten hat. Allein der Zusammenbruch des US-Hedgefonds Archegos hinterließ einen Schaden von fünf Milliarden Franken. Dazu kommt die Abwicklung von mit der inzwischen insolventen Greensill Capital geführten Fonds, Analysten zufolge drohen dadurch Rechtskosten von weiteren zwei Milliarden Dollar. Die Folge: Manager verloren ihre Jobs, Investoren mussten weiteres Kapital einschießen, die Schweizer Finanzmarktaufsicht leitete eine dritte formelle Untersuchung gegen die Bank ein und das Anlegervertrauen bekam einen schweren Schlag.

"Wir haben unsere Kundinnen und Kunden, aber auch unsere Aktionärinnen und Aktionäre enttäuscht, und dies leider nicht zum ersten Mal", sagte der zurückgetretene Verwaltungsratsratspräsident Urs Rohner. "Dafür entschuldige ich mich." In seiner zehnjährigen Amtszeit kosteten Handelsverluste und Rechtsfälle das Institut einen deutlich zweistelligen Milliarden-Betrag, während die Aktie fast drei Viertel an Wert einbüsste. Er bedaure es, unter diesen schwierigen Umständen die Bank zu verlassen. "Mir ist bewusst, dass unsere Mitarbeitenden enttäuscht und wütend sind, ich bin es ehrlich gesagt auch."

Rohner ist einer von vier Verwaltungsräten, die ihr Amt abgeben. Wenige Stunden vor der Generalversammlung warf der Vorsitzende des Risiko-Ausschusses, Andreas Gottschling, das Handtuch. Zuvor hatten sich Großaktionäre wie der US-Investor Harris Associates und der norwegische Ölfonds sowie der Stimmrechtsberater Glass Lewis angesichts der jüngsten Fehlschläge gegen die Wiederwahl des früheren Managers der österreichischen Erste Group Bank ausgesprochen.