Zürich (awp) - Der Industriekonzern ABB leidet weiterhin unter der schwachen Nachfrage und verzeichnet erneut einen schrumpfenden Auftragseingang. Der Abwärtstrend hat sich dabei mit einer zweistelligen Minusrate gar beschleunigt. Der Umsatz dagegen hat sich im dritten Quartal zumindest in Lokalwährungen stabilisiert und die operative Gewinnmarge wurde wie in den sieben Quartalen davor weiter verbessert. Kurzfristig sieht das Unternehmen wegen der Folgen des Brexit und der anstehenden US-Wahlen noch keine Verbesserung des Marktumfelds. Zudem kommt es im kommenden Frühjahr auf dem Posten des Finanzchefs zu einem Wechsel.

Der Bestellungseingang fiel um 14% auf 7,53 Mrd USD zurück. Bereinigt um Währungs- und Konsolidierungseinflüsse ergab sich ein Minus von 13%. Die wichtigen Basisaufträge verringerten sich dabei bereinigt um 6%. Bei den Grossaufträgen verzeichneten alle Divisionen eine rückläufige Entwicklung, dabei ist deren Anteil um 6 Prozentpunkte auf noch 11% geschrumpft. Mit einem Minus von 3% entwickelten sich auch die Aufträge für Service und Software negativ. Deren Anteil am gesamten Auftragseingang erhöhte sich minim auf 17%.

Der Umsatz reduzierte sich gegenüber dem Vorjahresquartal um 3% auf 8,26 Mrd USD, während sich auf bereinigter Basis eine stabile Entwicklung ergab, wie ABB am Donnerstag mitteilt.

Der operative EBITA verzeichnete ein Minus von 3% auf 1'046 Mio USD, während sich auf vergleichbarer Basis ein Rückgang von 2% ergab. Dies wird mit einem "ungünstigen Geschäftsmix" erklärt. Die operative EBITA-Marge legte dennoch gegenüber dem Vorjahr um 10 Basispunkte auf 12,6% zu. Der Reingewinn wiederum gab um 2% auf 568 Mio nach. Damit hat ABB die Erwartungen der Analysten ausser mit dem Reingewinn verfehlt, mit dem Auftragseingang gar deutlich.

ALLE REGIONEN MIT TIEFEREM BESTELLUNGSEINGANG

Das dritte Quartal sei von erheblichen makroökonomischen Unsicherheiten im Zusammenhang mit dem Brexit und den Wahlen in den USA geprägt gewesen, was sich im geringeren Auftragsvolumen widerspiegle, sagte CEO Ulrich Spiesshofer an einer Telefonkonferenz. Zudem sei in der Division Stromnetze der Auftragseingang durch die Unentschlossenheit von Kunden im Vorfeld des Capital Markets Day zusätzlich belastet worden. Den zweistelligen Rückgang des Auftragseingangs begründet ABB weiter mit zeitlichen Effekten bei der Vergabe von Grossaufträgen und mit Volumenrückgängen bei frühzyklischen Aufträgen.

In Europa sei die Nachfrage bedingt durch das mässige Gesamtwachstum, die Unsicherheiten rund um den Brexit in Grossbritannien und die politischen Ereignisse in der Türkei gedämpft gewesen. Der Gesamtauftragseingang gab hier in Lokalwährungen um 18% nach. Aber auch auf dem amerikanischen Kontinent kühlte sich die Nachfrage ab, die Aufträge gingen währungsbereinigt um 16% zurück. Dafür macht ABB "erhebliche Investitionsverzögerungen" aufgrund der bevorstehenden Wahlen in den USA und die schwache Industrienachfrage insgesamt verantwortlich.

In Asien, dem Nahen Osten und Afrika (AMEA) habe sich die Nachfrage durchwachsen präsentiert. So habe die Nachfrage in Indien weiter angezogen und auch in China sei weiterhin in Stromübertragungsprojekte und Robotik investiert worden. Gleichwohl ging der Auftragseingang in der Region um 5% zurück.

KEINE RASCHE BESSERUNG ERWARTET

Dass sich am schwierigen Marktumfeld bald etwas ändert, ist nicht zu erwarten. "Der Gegenwind aus den Märkten wird anhalten, es ist weiterhin Schwerwettersegeln und Fliegen auf Sicht angesagt", erklärte CEO Ulrich Spiesshofer vorausblickend. Der Brexit habe grosse Verunsicherung gebracht. Nicht nur in Grossbritannien, sondern in ganz Europa, so Spiesshofer. Er geht auch nicht davon aus, dass diese Phase schnell vorüber sein wird. Auch die US-Wahlen führt Spiesshofer für die kommenden Wochen als anhaltenden Grund für Zurückhaltung an. "Wann wir wieder wachsen werden, kann ich nicht vorhersagen", so sein Fazit.

Weiter gab ABB einen Wechsel im Topmanagement bekannt. Timo Ihamuotila wurde zum neuen Finanzchef ernannt. Er wechselt zum 1. April 2017 von Nokia zum Technologieunternehmen und tritt damit die Nachfolge von Eric Elzvik an. Dieser werde sich "nach einer sorgfältigen Übergabe" im zweiten Quartal neuen beruflichen Herausforderungen ausserhalb von ABB zuwenden.

cf/cp