Börsen-Zeitung: Gedankenspiele / Kommentar von Isabel Gomez zu
Porsches IPO-Überlegungen
Frankfurt (ots) - Wenn der Finanzvorstand von Porsche erzählt,
dass er die Tendenz zu neuen Strukturen und Teil-Börsengängen in der
Autoindustrie für sinnvoll hält und dies auch bei der Konzernmutter
Volkswagen hinterlegt habe, dann ist das beachtlich. Lutz Meschke hat
einen Pflock in den Boden gerammt, der signalisiert: Ohne VW wäre
Porsche wohl besser dran.
Die hochprofitable Marke geht bisher relativ sauber aus dem
Abgasbetrug hervor, weil Porsche ihre Diesel-Motoren von Audi
bezieht. Porsche hat keinen Abgas-Malus, wie er auf dem VW-Kurs
lastet. Zudem hat sich Porsche konzernweit die bisher kompletteste
und sichtbarste Elektrostrategie verpasst. In sie fließen 6 Mrd.
Euro, das jährliche IT-Budget soll auf bis zu 1 Mrd. Euro verdoppelt
werden.
VWs Lkw-Tochter Traton soll an die Börse gebracht werden, weil nur
so das Ziel, den Lkw-Marktführer Daimler weltweit anzugreifen,
finanzierbar ist. Meschke indes will die Investitionen aus dem
Cash-flow stemmen. Ihm dürfte wichtiger sein, dass eine eigenständige
Porsche nicht mehr jedes Jahr Milliarden an VW abführen müsste.
Aber nicht er, sondern der VW-Aufsichtsrat würde über ein IPO
entscheiden. Und mindestens eine Person im Gremium dürfte daran kaum
Interesse haben: Wolfgang Porsche, Oberhaupt der Familie Porsche, die
gemeinsam mit dem Piëch-Stamm 52,2% an VW hält. Er ist - außer bei
Traton - kein Verfechter von Trennungen, sprach sich 2017 etwa gegen
einen Verkauf der Motorradmarke Ducati aus. Wolfgang Porsche hat eine
enge Bindung zu der Marke, deren Namen er trägt. Und es gibt keinen
Automatismus, über den die Familie bei einem Börsengang Zugriff auf
Porsche-Aktien erhielte. Um sich ohne Machtverlust einzukaufen,
müsste eine Sperrminorität von 25% erworben werden, die - wenn man
die 60 Mrd. Euro Bewertung ansetzt, die Meschke für möglich hält - 15
Mrd. Euro kosten würde.
Als Ferdinand Piëch Ende 2017 seine 22,5 Millionen VW-Aktien für
rund 1,1 Mrd. Euro an die Familie verkaufte, ging aus
Pflichtmitteilungen hervor, dass für den Deal dieselbe Anzahl Aktien
im Rahmen eines Kreditgeschäfts verpfändet wurde. Da scheint es
unwahrscheinlich, dass die Familie dazu beitragen könnte, Porsche
sozusagen freizukaufen. Es deutet stattdessen vieles darauf hin, dass
ein Börsengang nur dann mehr als ein Gedankenspiel wird, wenn es
finanziell keine andere Option für VW gibt. Auch wenn der steigende
Aktienkurs am Montag gezeigt hat, dass einige Investoren eine
Entzerrung des VW-Imperiums begrüßen würden.
(Börsen-Zeitung, 16.10.2018)
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