MONTABAUR/DÜSSELDORF (dpa-AFX) - Die Planungen für das vierte deutsche Mobilfunknetz kommen voran. Wie der Telekommunikationskonzern United Internet und der Funkturmbetreiber Vantage Towers am späten Donnerstagabend in Montabaur und Düsseldorf mitteilten, wurde ein langfristiger Mietvertrag mit der United-Internet-Tochter 1&1 abgeschlossen. United Internet erwartet zudem steigende Umsätze im kommenden Jahr. Die Papiere gaben am Freitag nach.

United Internet rechnet 2022 bei zunehmendem Umsatz mit einem stabilen operativen Ergebnis. Der Konzernumsatz werde auf rund 5,8 Milliarden Euro steigen, teilte der MDax-Konzern am Donnerstagabend in Montabaur mit. Für das laufende Jahr werden rund 5,6 Milliarden Euro angepeilt. Der operative Gewinn (Ebitda) soll trotz zusätzlicher Investitionen 2022 mit rund 1,25 Milliarden Euro auf dem Niveau von 2021 bleiben.

Für nächstes Jahr seien deutlich höhere Investitionen insbesondere für den 5G-Netzausbau sowie die Erweiterung des Glasfasernetzes zum Anschluss der 5G-Antennen und zur Versorgung zusätzlicher Gebiete geplant. Das Investitionsvolumen dürfte bei 0,8 bis 1 Milliarde Euro liegen nach den veranschlagten rund 350 Millionen für dieses Jahr. Daneben steckt United Internet auch Geld ins Marketing bei der Webhostingtochter Ionos, die kommendes Jahr an die Börse gebracht werden könnte.

Die United-Internet-Aktie gab am Freitag zeitweise um drei Prozent nach und sackte damit auf das tiefste Niveau seit fünf Wochen. Zuletzt stand mit 32,78 Euro noch ein Minus von rund zwei Prozent.

Zudem habe die Tochter 1&1 mit Vantage Towers einen langfristigen Vertrag zur Anmietung von Antennenstandorten unterzeichnet, hieß es. Vantage Towers ist einer der größten Eigentümer von Funkmasten in Deutschland und eine Tochter des Telekomriesen Vodafone. Vantage Towers werde im Rahmen der Partnerschaft maßgeblich für die Bereitstellung der passiven Netzinfrastruktur im 1&1-Mobilfunknetz zuständig sein, hieß es in der Mitteilung. 1&1 habe Zugriff auf mehrere tausend bereits bestehende Funkmasten von Vantage Towers sowie auf weitere neu zu erschließende Antennenstandorte.

Konkret sei bei der Vereinbarung die Mitnutzung von 3800 Dach- und Maststandorten bis Ende 2025 vereinbart worden. Dazu komme eine potenzielle Erweiterung auf bis zu 5000 Standorte. Die Laufzeit der einzelnen Standortmieten betrage mindestens 20 Jahre und könne durch 1&1 mehrfach verlängert werden. Zudem sei Vantage Towers verantwortlich für die Installation der 5G-Hochleistungsantennen an den Funkmasten und leiste Dienste in den Bereichen Genehmigungsverfahren, Bauvorbereitung und Bau neuer Antennenstandorte.

Während die Aktie von Vantage Towers sich von den Nachrichten kaum bewegt zeigte, gaben 1&1-Anteile um 0,7 Prozent nach. Laut Goldman-Sachs-Analyst Andrew Lee signalisiert die Ankündigung des Sendemastenvertrags zwar "wahrscheinlich einen schnelleren und möglicherweise auch günstigeren Netzausbau als von vielen bisher erwartet". Allerdings wartet er immer noch auf vollständige Details zum Zeitplan und zu den Kosten für den Netzaufbau, wie er schrieb.

1&1 hatte im Jahr 2019 - damals noch unter dem Namen Drillisch - erstmals Mobilfunk-Spektrum für rund 1,1 Milliarden Euro ersteigert, um ein eigenes Netz aufzubauen. Bisher nutzt die Firma die Netze alteingesessener Betreiber, vor allem von Telefónica.

Die sogenannten Tower Companies wie Vantage sind essenziell für den 5G-Ausbau der United-Internet-Tochter: Denn über diese Firmen bekommt 1&1 Zugriff auf bereits bestehende Antennenstandorte und kann sich so jede Menge Arbeit für die Suche nach sonst geeigneten Plätzen sparen. Denn die Zeit drängt: Bis spätestens Ende 2022 muss das Unternehmen nach Auflagen der Bundesnetzagentur mindestens 1000 eigene Antennenstandorte betreiben. Bis Ende 2025 soll 1&1 zudem ein Viertel der Fläche in Deutschland abdecken können, bis Ende 2030 soll es die Hälfte sein. Zuletzt hatte sich United-Internet-Chef Ralph Dommermuth optimistisch gezeigt, die Ziele zu erreichen.

Im August hatte 1&1 mit dem japanischen Internetunternehmen Rakuten den ersten Partner für sein 5G-Open-RAN-Netz bekanntgegeben. Entstehen soll das europaweit erste, vollständig virtualisierte Mobilfunknetz auf Basis des offenen Standards "Open RAN" (Radio Access Network). Dabei sollen die Japaner die aktiven Netzbestandteile installieren und für die Gesamtperformance des Netzes verantwortlich sein. 1&1 bekommt den Angaben zufolge Zugriff auf die Steuerungsplattform.

Von "Open RAN" versprechen sich die Betreiber vor allem Kostenersparnisse und Synergien. Denn weil Komponenten der Mobilfunknetze dabei herstellerübergreifend kompatibel sind, kann Zubehör von verschiedenen Anbietern genutzt werden. Bisher gibt es hier nur weitgehend geschlossene Systeme. "Wir werden das Netz mit 50 Mitarbeitern betreiben können, weil es voll automatisiert funktioniert", hatte Dommermuth dem "Handelsblatt" gesagt.

Nun folgt für 1&1 mit der Wahl von Vantage Tower als Standortbetreiber der nächste Schritt. Die Funkmasten und Dachstandorte von Vantage Towers gehörten ursprünglich Vodafone. Im März brachte der britische Telekommunikationskonzern diese Sparte als neue Firma an die Börse. Der Firmensitz ist in Düsseldorf. Derzeit gibt es hierzulande drei Mobilfunknetze, und zwar von der Deutschen Telekom, Vodafone und Telefonica mit seiner Marke o2./jha/wdw/ngu/lew/men/stk