Zürich (Reuters) - Der neue ABB-Chef Björn Rosengren setzt den Schrumpf-Kurs seines Vorgängers fort.

Drei Bereiche mit einem Umsatz von insgesamt 1,75 Milliarden Dollar will der Schweizer Elektrotechnikkonzern abstoßen. Gleichzeitig schraubte der Schwede das Wachstumsziel beim Umsatz zurück. Die Anleger hatten sich mehr erhofft, die Aktie gab drei Prozent nach.

Für den Kupplungs- und Getriebehersteller Dodge sowie die Geschäfte mit Turboladern und Stromwandlern sucht Rosengren neue Besitzer. Zusammen erwirtschaften die Bereiche rund sechs Prozent des Konzernumsatzes. "Wir glauben, dass ABB nicht der beste Eigner zur Weiterentwicklung dieser Geschäfte ist", erklärte der seit Anfang März amtierende Rosengren am Donnerstag anlässlich eines Investorentags. "Dabei werden wir uns nicht unter Zeitdruck setzen."

Möglich seien Verkäufe an andere Unternehmen oder auch an Finanzinvestoren. Dodge hat Insidern zufolge bereits Interessenten angelockt. [L8N2I554L] Als Käufer kämen etwa die US-Anbieter Timken, Regal Beloit und Rexnord sowie der deutsche Autozulieferer Schaeffler und der schwedische Kugellager-Hersteller SKF in Frage. Das Turbolader-Geschäft, das den Insidern zufolge auf einen Wert von bis zu zwei Milliarden Dollar kommen könnte, will Rosengren am liebsten an die Schweizer Börse bringen.

Dem ABB-Chef zufolge handelt es sich bei den drei Bereichen um hochwertige Geschäfte mit Margen, die über den Vorgaben lägen. Entsprechend rechnet etwa Vontobel-Analyst Mark Diethelm damit, dass die Verkäufe insgesamt mehr als vier Milliarden Dollar in die Kasse spülen könnten. Erst im Sommer schloss ABB den milliardenschweren Verkauf des Stromnetzgeschäfts an die japanische Hitachi ab.

Obwohl ABB von Megatrends wie Automatisierung und Digitalisierung profitiert, läuft der Konzern der Bestform seit Jahren hinterher: Chefwechsel, verpasste Ziele, Kostensenkungsprogramme und strategische Schwenker haben der Moral der Mitarbeiter zugesetzt, wie Insider berichten. Mit dem Dauer-Umbau ist ABB nicht alleine. Der scheidende Siemens-Chef Joe Kaeser spaltete das defizitäre Energietechnik-Geschäft ab und brachte die Medizintechnik-Tochter Siemens Healthineers an die Börse.

Auch bei ABB dürfte vorerst keine Ruhe einkehren. "Portfolioüberprüfungen werden ein zentraler Bestandteil des ABB Way bleiben", erklärte Rosengren. Auf der anderen Seite fasst der Schwede in Zukunft auch jährlich fünf bis zehn kleinere Zukäufe ins Auge. Zudem setzt er verstärkt auf Innovation. Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung will er auf rund fünf Prozent der Erlöse von zuletzt 4,7 Prozent hochfahren. Doch auch nach der Erhöhung hinkt ABB der Konkurrenz hier hinterher. Die rund doppelt so große Siemens kam 2020 auf mehr als acht Prozent.

Auch zu den neuen Zielen äußerten sich die Analysten skeptisch. Beim Umsatz peilt das Zürcher Unternehmen neu ein Wachstum von jährlichen drei bis fünf Prozent statt wie bisher von drei bis sechs Prozent an. Zudem sollen nur zwei Drittel dieses Wachstums aus eigener Kraft erreicht werden. ABB bestätigte zudem die Vorgabe einer operative Marge (Ebita) von 13 bis 16 Prozent, will aber ab 2023 immerhin die obere Hälfte dieser Spanne erreichen. In den ersten neun Monaten 2020 kam der Konzern auf 10,9 Prozent. "Bestenfalls wenig berauschend", urteilten die Analysten von Jefferies.

Finanzinvestor und ABB-Großaktionär Cevian geht dagegen davon aus, dass Rosengren tief stapelt. Rosengren halte sich an die Devise, wenig zu versprechen und viel zu liefern, erklärte Cevian-Co-Chef Christer Gardell. "Wir haben alle gesehen, wie schnell Björn die Performance von Sandvik verbessert und alle Erwartungen übertroffen hat - und wir erwarten, dass wir das wieder erleben werden", erklärte er mit Blick auf Rosengrens früheren Arbeitgeber.