ERFURT (AFP)--Wenn ein Arbeitsverhältnis über die tarifliche Altersgrenze hinaus verlängert wird, hat der Betriebsrat einen Anspruch auf Mitbestimmung. Das entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt in einem Beschluss. Die Verlängerung der Beschäftigung über die Altersgrenze hinaus komme einer Besetzung der sonst freiwerdenden Stelle gleich. (Az: 7 ABR 22/20)

Damit gab das BAG dem Betriebsrat für die Verkehrsbetriebe der Stadtwerke München recht. Dort gilt die gesetzliche Regelaltersgrenze auch als tarifliche Altersgrenze. In den vergangenen Jahren wurden regelmäßig mehrere Arbeitsverträge über diese Grenze hinaus verlängert.

Die beteiligten Unternehmen stützen sich dabei auf eine 2014 in das Sozialgesetzbuch eingefügte Klausel, die eine solche Verlängerung ausdrücklich erlaubt. Der Betriebsrat wurde über solche Verlängerungen nur informiert.

Mit ihrer Klage pochten die Arbeitnehmervertreter auf volle Mitbestimmung. Dem gab das BAG nun statt. Die Verlängerung des Arbeitsverhältnisses sei eine mitbestimmungspflichtige Stellenbesetzung.

Laut Erfurter Beschluss entspricht der Sachverhalt der nach ständiger Rechtsprechung mitbestimmungspflichtigen Verlängerung eines befristeten Arbeitsverhältnisses. Auch wegen der Altersgrenze würden die betroffenen Stellen ohne die Verlängerung freiwerden. Mit der Verlängerung nehme der Arbeitgeber demnach eine Besetzung dieser Stelle vor. Für den Betriebsrat könne es gute Gründe geben, die Zustimmung zu verweigern, etwa weil dann jüngere Beschäftigte nicht auf besser bezahlte Posten nachrücken können.

Die Weiterbeschäftigung über die tarifliche Altersgrenze hinaus sei auch nicht von der Zustimmung des Betriebsrats zu der ursprünglichen Einstellung umfasst, betonte das BAG. Die 2014 geschaffene ausdrückliche Möglichkeit zur Weiterbeschäftigung über das gesetzliche Rentenalter hinaus ändere daran nichts.

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January 27, 2022 05:47 ET (10:47 GMT)