Von Ulrike Dauer

FRANKFURT (Dow Jones)--Adidas' künftiger - oder künftige - CEO erbt von Vorgänger Kasper Rorsted im kommenden Jahr eine Vielzahl von Herausforderungen, von denen aus heutiger Sicht die wichtigsten der Turnaround in China sowie die Ziele 2025 sind. Die neue Führungsspitze wird ab dem kommenden Jahr in einem neuen makroökonomischen Kontext navigieren müssen verglichen mit Anfang 2021, als Rorsted die Ziele ausgab - und die Ziele deshalb möglicherweise kassieren. Auf Unternehmensseite belasten hohe und weiter steigende Energiekosten, die auch Lieferketten betreffen und Logistikkosten zusätzlich zu den Lieferkettenproblemen in die Höhe treiben. Auf Kundenseite führen steigende Energiekosten in einem möglichen Rezessionsszenario zu schmaleren Haushaltsbudgets für neue Sportartikel. Und dabei fordern Investoren, dass die Strahlkraft der Marke mindestens nicht leiden darf, sondern - im Gegenteil - Produktlücken durch Innovationen gefüllt und Marketing/Merchandising verbessert werden. All dies erfordert gezielte Investitionen - mit Augenmaß. Durch den Verkauf der US-Marke Reebok hat der Konzern ein gewisses finanzielles Polster. Aber die operativen Margen dürften leiden.


Für mindestens die folgenden Herausforderungen muss die neue Führungsspitze ab dem kommenden Jahr eine strategische Antwort bereithalten:


CHINA: Die Probleme sind benannt, ein Aktionsplan in Kraft gesetzt und seit 1. April ein neues Team unter dem neuen Managing Director Greater China, Adrian Siu, mit der Beschleunigung der Umsetzung betraut. Möglicherweise erntet Rorsteds Nachfolger bereits erste Früchte. Derzeit allerdings schrumpft der Umsatz noch - um je 35 Prozent im ersten und zweiten Quartal - die Entwicklung ist schlechter als bei den Wettbewerbern Nike und Puma. Und auch im Gesamtjahr erwartet Adidas in China einen prozentual zweistelligen Umsatzrückgang nach einem anämischen Wachstum von 3 Prozent 2021. China war maßgeblich die Ursache für die zweimalige Prognosesenkung im laufenden Jahr. Kurzfristig belasten die coronabedingten rigiden lokalen Lockdowns, die dort oft Millionenstädte betreffen. Diese verschärfen den seit Anfang 2021 währenden politischen Boykott westlicher Sportartikel- und Bekleidungshersteller durch chinesische Konsumenten. Diese nehmen den Unternehmen ihre Kritik an mutmaßlichen Menschenrechtsverletzungen in der Provinz Xinjiang übel sowie die Entscheidung, deshalb von dort keine Baumwolle mehr zu beziehen. Davon hat auch die chinesische Konkurrenz profitiert. Unternehmen wie Anta Sports sind jüngst stärker gewachsen.


ZIELE 2025: Gelingt der Turnaround in China nicht rechtzeitig, sind sowohl Umsatz- als auch Margenziele 2025 gefährdet. Adidas hat in der Agenda 2025 "Own the Game" für China das stärkste Wachstum vorgesehen, dort soll der Nettoumsatz um eine "niedrige zweistellige Rate" pro Jahr steigen. Und China ist konzernweit der margenstärkste Markt, mit einer Bruttomarge von bisher deutlich über 50 Prozent. Die UBS-Analysten schreiben in einer Investorennotiz, der Wechsel an der Spitze signalisiere, dass die Ziele 2025 nicht mehr erreichbar sind. Die Analysten von RBC sehen besonders die Margenziele als gefährdet an. Derzeit will Adidas bis 2025 die bereinigte EBIT-Marge auf 12 bis 14 Prozent verbessern, die Bruttomarge auf 53 bis 55 Prozent. Der Nettoumsatz soll im Schnitt um 8 bis 10 Prozent pro Jahr steigen.


PRODUKTE - MERCHANDISING/MARKETING: Adidas muss Hauck-Aufhäuser-Analysten zufolge bei Innovationen stärker werden. RBC sieht Bedarf, Produktlücken bei "Lifestyle-Schuhen" zu füllen - immer mehr Modehersteller drängen in das Terrain vor - sowie erfolgreiche Produkte besser zu vermarkten. Somit hat der ideale Kandidat für den Adidas-Topjob laut RBC Erfahrung in den Bereichen Produkt, Marketing und/oder Merchandising aus sportartikel-ähnlichen Branchen. Bryan Garnier zufolge sollte - wie Rorsted - der Nachfolger eine ausgeprägte digitale Kompetenz sowie langjährige Erfahrung in der Konsumgüterbranche mitbringen. Rorsted kam 2016 von Henkel, er verkündete die Ziele für 2025 neun Monate nachdem sein Vertrag bis 2026 verlängert worden war.

Kontakt zur Autorin: ulrike.dauer@wsj.com; @UlrikeDauer_

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August 23, 2022 08:14 ET (12:14 GMT)