Von Jacky Wong

PEKING (Dow Jones)--Chinesische Fluggesellschaften stehen zum Abheben in den Startlöchern. Trotzdem kann es noch zu Verzögerungen kommen. In der vergangenen Woche vereinbarten die drei größten staatlichen Fluggesellschaften Chinas den Kauf von fast 300 Flugzeugen bei Airbus im Wert von 37 Milliarden US-Dollar - gerechnet ohne die üblichen Rabatte. Das ist ihre erste Großbestellung seit 2019. Air China, China Eastern Airlines und China Southern Airlines - bekannt als die "Großen Drei" - werden diese Jets ab dem nächsten Jahr erhalten. Die Tatsache, dass China Boeing zugunsten seines europäischen Konkurrenten abserviert hat, spiegelt wahrscheinlich die sich verschlechternden Beziehungen zwischen China und den USA wider. Der US-Flugzeughersteller zeigte sich enttäuscht und monierte, dass geopolitische Differenzen die US-Flugzeugexporte weiterhin einschränkten. Doch der Großauftrag scheint auch Teil der Pläne der Fluggesellschaften zu sein, sich auf das Leben nach der Pandemie vorzubereiten.

Der rasche Wiederanstieg des Inlandsreiseverkehrs nach dem ersten Ausbruch der Pandemie im Jahr 2020 hat den chinesischen Fluggesellschaften geholfen, sich durchzuschlagen, als es wegen der strengen Grenzkontrollen praktisch keine Flüge in das Land und aus dem Land heraus gab. Doch die jüngsten Lockdowns in Schanghai und anderen Städten brachten den chinesischen Inlandsluftraum weitere Turbulenzen. Die Zahl der Inlandspassagiere ist im Zeitraum März bis Mai gegenüber dem Vorjahr um 77 Prozent eingebrochen. Der Inlandsreiseverkehr dürfte sich in den kommenden Monaten erholen, wenn die strengsten Beschränkungen aufgehoben werden. China hat außerdem die Quarantäneanforderungen für internationale Passagiere auf sieben Tage in einem Hotel und drei Tage zu Hause reduziert. Die Lockerung der Anforderungen für die Ermittlung von Kontaktpersonen im ganzen Land könnte auch den Fluggesellschaften Rückenwind verleihen.


   Kerosinkosten und Dollar-Stärke als Menetekel 

Kürzere Quarantänezeiten dürften dazu beitragen, den Geschäftsreiseverkehr zu beleben, sind aber für Touristen wahrscheinlich immer noch zu lang. Es bleibt jedoch fraglich, wie lange China an seiner Null-Covid-Politik festhalten wird und ob die Städte bei der nächsten Welle wieder abgeriegelt werden. Das kältere Wetter in diesem Herbst und Winter wird ein großer Test sein. Und es gibt zwei Gegenwinde, die sich weiter drohend aufbauen. Erstens werden die hohen Ölpreise die Gewinne der Fluggesellschaften überall beeinträchtigen. Die Aktien US-amerikanischer Fluggesellschaften, die sich von ihrem Tiefpunkt im Jahr 2020 erholt hatten, sind in diesem Jahr wegen Treibstoffkosten und Rezessionsängsten wieder auf Talfahrt gegangen.

Zweitens könnte sich der starke US-Dollar negativ auf die Rentabilität auswirken, da einige chinesische Fluggesellschaften mit erheblichen Dollarkrediten in der Kreide stehen. Fast ein Viertel der zinstragenden Schulden von Air China sind in Dollar denominiert. Bei China Southern ist das Verhältnis ähnlich. Und der chinesische Yuan hat in diesem Jahr gegenüber dem Dollar um 4,8 Prozent abgewertet. Jefferies schätzt, dass chinesische Fluggesellschaften in diesem Jahr Devisenverluste in Höhe von 2,1 Milliarden Yuan, oder umgerechnet etwa 300 Millionen Euro, verbuchen könnten.

Da die Lockdown-Beschränkungen aufgehoben wurden, signalisieren die chinesischen Fluggesellschaften mit ihrem großen Airbus-Kauf, dass sie eine bessere Zukunft erwarten. Doch angesichts des nach wie vor hohen Dollar- und Ölpreises und des höchst ungewissen Zeitpunkts des nächsten Corona-Ausbruchs in China sollten die Anleger wahrscheinlich noch eine Weile warten, bevor sie sich auf den Zug schwingen.

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July 05, 2022 09:32 ET (13:32 GMT)