Rom (Reuters) - Im Poker mit Boeing um den Preis für einen Großauftrag neuer Flugzeuge erhöht Ryanair-Chef Michael O'Leary den Druck.

Der Billigflieger könne noch Jahre auf eine Preissenkung warten, sagte O'Leary am Mittwoch in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters. "Wir verschwenden keine Zeit mit diesen Diskussionen über die (Boeing 737) MAX 10 und werden es auch für die nächsten zwei, vier, sechs, acht, zehn Jahre nicht, bis wir die nächste Krise haben." Europas größte Billigfluggesellschaft hatte am Montag Verhandlungen mit dem US-Flugzeugbauer Boeing über einen milliardenschweren Großauftrag im Streit über den Preis platzen lassen.

Mit 210 Festbestellungen der Boeing 737 MAX 8-200 ist Ryanair bereits der größte europäische Kunde für diese Modellreihe. Die Airline stellte einen neuen Auftrag im Wert von 33 Milliarden Dollar für bis zu 250 Exemplare des größeren Modells MAX 10 in Aussicht. O'Leary zufolge sind die Gespräche grundlegend gescheitert, weil Boeing davon ausgehe, die Corona-Krise sei schon vorbei. Die Airline vertrete die Ansicht, dass sich die Luftfahrt noch immer in einer großen Krise befindet. O'Leary sagte, der US-Konzern brauche immer noch dringend Aufträge. "Boeing strebt eine Preiserhöhung an, während viele seiner Kunden zu Airbus wechseln", führte O'Leary aus.

Doch der US-Riese sieht sich im Aufwind. Denn Boeing erhielt einige Aufträge, darunter eine Bestellung über 150 MAX 10 von United Airlines, und konnte den Rivalen Airbus bei den Kurzstreckenjets abhängen. Boeing hat bis Ende Juli diesen Jahres bereits 524 Boeing 737 MAX verkauft, während Airbus von Januar bis August nur 234 Maschinen des Konkurrenzmodells A320 losschlug.

Die Entscheidung, bei Verhandlungen über einen Großauftrag an die Öffentlichkeit zu gehen, folgt monatelangem Gerangel um den Vertrag. Ein neuer Großauftrag von Ryanair hätte dem US-Flugzeughersteller Auftrieb gegeben, um das Vertrauen in die MAX-Reihe wiederherzustellen. Denn nach zwei Abstürzen mit mehreren hundert Toten und 20 Monate langem Flugverbot hat das absatzstärkste Boeing-Modell ein Imageproblem.

KRITIK AM DUOPOL

"Die Gespräche können jederzeit wieder aufgenommen werden, aber nur, wenn Boeing erkennt, dass sie einen wettbewerbsfähigen Preis anbieten müssen", sagte O'Leary. Allerdings hat auch Boeing eine starke Verhandlungsposition, denn der Billigflieger kann seine Kosten auch deshalb so niedrig halten, weil er eine einheitliche Flotte mit der Boeing-Baureihe 737 hat.

Das Airbus-Konkurrenzmodell kommt für Ryanair nicht infrage, wie O'Leary weiter erklärte. Boeing und Airbus gegeneinander auszuspielen, um niedrigere Preise zu erzielen, sei zum Scheitern verurteilt. "Im Grunde ist es ein Duopol. Man bekommt kein Druckmittel, wenn man Gespräche mit dem einen oder dem anderen führt", sagte O'Leary. Als Alternative zu beiden brachte er den chinesischen Hersteller COMAC ins Spiel. Dieser könne mittelfristig ein wichtiger Lieferant für Ryanair werden, ergänzte er.