Brüssel/Washington (Reuters) - Die USA und die Europäische Union wollen ihren jahrelangen Handelsstreit beenden.

In einem ersten Schritt wurde der Zwist über staatliche Subventionen für die Flugzeugbauer Airbus und Boeing für fünf Jahre auf Eis gelegt. Damit bleiben gegenseitige Strafzölle ausgesetzt. "Das Treffen hat mit einem Durchbruch im Flugzeugbereich begonnen", sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Dienstag in Brüssel. Offen ist noch, ob auch die Handelsstreitigkeiten im Stahl- und Aluminiumbereich zeitnah gelöst werden können.

Der neue US-Präsident Joe Biden betonte vor Beginn des USA/EU-Gipfels, einen anderen Weg gehen zu wollen. "Ich habe ganz andere Ansichten als mein Vorgänger." Donald Trump hatte vor allem gegen China, aber auch gegen die EU, wegen seiner Ansicht nach unfairer Handelspraktiken Sonderzölle verhängt. Eine Spirale mit immer neuen Zöllen war die Folge. Eine gute Beziehung zur EU sei im Interesse der USA, sagte Biden.

Der Airbus/Boeing-Streit reicht allerdings schon 17 Jahre zurück - und damit weit vor die Amtszeiten Trumps und Bidens. Nun ist eine fünfjährige Aussetzung der Strafzölle geplant, sagten mit der Sache vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters. Das gibt beiden Seiten deutlich mehr Zeit, eine weitergehende Einigung zu finden. Der europäische Flugzeugbauer begrüßte die Annäherung. Damit sei der Wettbewerb künftig fairer und Zölle würden vermieden, die am Ende beiden Seiten schadeten, erklärte Airbus.

DEUTSCHE INDUSTRIE HOFFT AUF FREIHANDELSABKOMMEN

Die deutsche Industrie hofft seit Jahren auf ein umfangreiches Freihandelsabkommen mit den USA. "Wir erwarten, dass der Gipfel ein Meilenstein wird, der die transatlantischen Beziehungen wieder mit Leben erfüllt und verlorenes Vertrauen wiederherstellt", sagte der Präsident des Großhandelsverbandes BGA, Anton Börner. "Der Gipfel bietet die Chance, gemeinsam eine Agenda auf den Weg zu bringen, die sich auf den Abbau von Handelshemmnissen konzentriert und sicherstellt, dass die Volkswirtschaften auf beiden Seiten des Atlantiks stärker und widerstandsfähiger aus der Pandemie hervorgehen. Dafür bedarf es auch einer Perspektive für ein neues transatlantisches Handelsabkommen."

Von der Leyen sprach von einer Chance, ein neues Kapitel aufzuschlagen - mit Kooperationen statt Streitigkeiten vor Gericht. Im Februar habe sie mit Biden telefoniert und entschlossen, den Airbus/Boeing-Streit beizulegen. "Heute haben wir geliefert."

Die US-Handelsbeauftragte Katherine Tai hatte den Subventionsstreit am Montag in ihrem ersten persönlichen Treffen mit ihrem EU-Kollegen Valdis Dombrovskis diskutiert. Ein Insider sagte, das Erreichen einer weitergehenden Einigung habe sich angesichts von Tausenden Seiten an Dokumenten aber als komplex erwiesen.

Bundesaußenminister Heiko Maas sagte RTL/ntv, die Strafzölle beider Seiten müssten schnellstmöglich vom Tisch. "Das ist ja keine Art, wie man unter Wertepartnern miteinander umgeht." Dass die USA die Zölle im Subventionsstreit zwischen Airbus und Boeing bereits für vier Monate ausgesetzt hätten, sei eine positive Entwicklung. Bei Aluminium und Stahl komme die EU den Amerikanern entgegen. "Also die Richtung stimmt absolut", sagte Maas. Die Fraktionsvizechefin der Union im Bundestag, Katja Leikert, sprach von einem überfälligen Signal: "Das transatlantische Bündnis ist zurück, in allen Bereichen. Die Gefahr eines eskalierenden Handelskrieges zwischen den Partnern ist gebannt." Nun müssten auch andere Handelshemmnisse fallen.

Die Sonderzölle auf Waren im Wert von 11,5 Milliarden Dollar waren seit 2019 unter Trump schrittweise eingeführt worden. Zuvor hatten die USA und die EU jeweils Teilsiege bei der Welthandelsorganisation (WTO) errungen, was die wechselseitigen Vorwürfe zu den Hilfen für die beiden Flugzeugbauer angeht.