Von Stephen Wilmot

NEW YORK (Dow Jones)--Autohersteller müssen sicherstellen, dass ihre Elektrofahrzeuge tatsächlich grün sind. Sie müssen auch dringend ihre Kosten senken. Beide Ziele gleichzeitig zu verfolgen ist allerdings schwierig.

Der Technologie des vollelektrischen Antriebs, die Tesla populär gemacht hat, läuft auf eine Art Vorverlagerung des Umweltrisikos hinaus. Elektroautos stoßen zwar im Betrieb weniger Kohlendioxid aus als herkömmliche Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor - selbst wenn sie mit Kohlestrom aufgeladen werden, aber ihre leistungsstarken Batterien benötigen viele Ressourcen in der Herstellung.

Diese unbequeme Wahrheit ist ein Grund dafür, dass sich die Autohersteller stärker in der Lieferkette engagieren. Bei Investitionen etwa in Batteriefabriken, wie sie General Motors diese Woche angekündigt hat, geht es vor allem darum, eine größere Kontrolle über Liefersicherheit, Technologie und Kosten der wichtigsten Elektroauto-Komponente zu erlangen. Aber ein vierter Faktor, der auf der Prioritätenliste schnell nach oben rückt, ist die Kontrolle über den ökologischen Fußabdruck.


 VW setzt auf Kooperation mit Northvolt 

Batteriezellen, die mit erneuerbarem Strom hergestellt werden, sind dabei ein Schwerpunkt. Angesichts der sehr starken Nachfrage hat das von VW und BMW unterstützte europäische Batterie-Startup-Unternehmen Northvolt vergangene Woche 2,75 Milliarden US-Dollar aufgebracht, um seine CO2-arme Produktionsanlage in Nordschweden, wo es reichlich Strom aus Wasserkraft gibt, ausbauen zu können.

Ein weiteres heißes Thema ist der Abbau von Batteriemetallen, vor allem von Lithium. Früher machte sich die Industrie mehr Sorgen um Kobalt, das hauptsächlich aus der Demokratischen Republik Kongo bezogen wird, wo es wohl Kinderarbeit gibt. Doch in den vergangenen Jahren ist die Bedeutung von Kobalt in der Batteriechemie geschrumpft. Lithium dagegen kann in Lithiumbatterien nicht so leicht minimiert werden. Nicht umsonst notieren Aktien der US-Produzenten Albemarle und Livent in der Nähe ihrer Allzeithochs.


 Industrie verspricht verantwortungsvollen Lithium-Abbau 

Die Autohersteller VW und Daimler, der deutsche Chemieriese BASF sowie der Smartphone-Hersteller Fairphone haben in der vergangenen Woche eine "Lithium-Partnerschaft der Verantwortung" gegründet, mit dem Ziel, das Gebiet in Chile zu schützen, in dem ein Großteil des weltweiten Angebots abgebaut wird. Anfang dieses Jahres unterzeichnete BMW einen "nachhaltigen" 335-Millionen-Dollar-Liefervertrag mit Livent, das im benachbarten Argentinien abbaut. Die entscheidende Umweltfrage bei Lithiumminen in den Anden ist, wie viel Wasser sie verbrauchen und wie sich das auf die Wasserversorgung der dortigen Kommunen auswirkt.

Die Frage in den Blick zu nehmen, wie sich die Massenproduktion von Batterien auf den Planeten auswirkt, ist absolut sinnvoll: Denn es sind ja vor allem ökologische Gründe, weshalb diese Technologie im großen Stil ausgebaut wird. Allerdings hat dies zwangsläufig seinen Preis. Kostensenkungen in der Batterie-Lieferkette, die notwendig sind, um E-Autos erschwinglicher zu machen, sind schwieriger möglich und werden länger dauern, wenn sich Autohersteller nur auf den Einsatz zertifizierter Rohstoffe beschränken.


 Kostenkurve für Batterien sinkt wohl nur langsam 

Da Lithiumbatterien weltweit in Mobiltelefonen verbreitet sind, wird manchmal fälschlicherweise angenommen, dass sie den gleichen deflationären Tendenzen unterliegen wie die Mikroelektronikindustrie, die im weltweiten Überfluss an Silizium für Halbleiter gedeiht. Batterien sind ein Industrieprodukt, das in hohem Maße von Metallen abhängt. Die sind zwar meistens nicht selten, aber es wird dauern, bis sie im großen Maßstab und verantwortungsvoll aus dem Boden extrahiert werden.

"Die Daten deuten darauf hin, dass die Kostenkurve für Batterien viel langsamer nach unten geht als angenommen. Es gibt eine Menge Engpässe und Herausforderungen, die häufig unter den Tisch gekehrt werden", schreibt Analyst Mio Kato der Branche auf der Forschungsplattform Smartkarma ins Stammbuch.

Wohlhabende Verbraucher dürften sich auch bei nachhaltiger Rohstoffförderung weiter für hochpreisige Elektroautos entscheiden. Aber ohne großzügige Subventionen ist schwer vorstellbar, dass die Batterietechnologie einen Massenmarkt erobert, bevor Elektroautos nicht günstiger sind als herkömmliche angetriebene Fahrzeuge. Viele Prognosen gehen derzeit davon aus, dass dies etwa Mitte dieses Jahrzehnts der Fall sein kann. Die Notwendigkeit dafür zu sorgen, dass Elektroautos tatsächlich grün sind, ist - ironischerweise - ein Grund, weshalb sich solche Hoffnungen als zu optimistisch erweisen könnten.

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June 18, 2021 09:44 ET (13:44 GMT)