Von Matt Wirz

PEKING (Dow Jones)--Die politischen Entscheidungen in Peking wirken sich auf chinesische Unternehmensanleihen aus und schlagen auch auf die globalen Märkte durch, weil sich US-amerikanische und europäische Vermögensverwalter in den vergangenen Jahren mit diesen Wertpapieren eingedeckt haben. Anleger in Schwellenländern sind schon seit langem von solchen Schocks betroffen. Aber chinesische Anleihen sind inzwischen so weit verbreitet, dass sich die Kursschwankungen auch auf Rentenfonds auswirken, die nicht auf Entwicklungsländer spezialisiert sind. Dazu zählen Fonds, die von Unternehmen wie Pacific Investment (Pimco) und Blackrock verwaltet werden.

Laut einer Analyse der Daten von Morningstar durch das Wall Street Journal blieben die globalen Rentenfonds mit den meisten chinesischen Unternehmensanleihen in dem am vergangenen Donnerstag abgelaufenen Monat hinter ihren Referenzindizes zurück. Die schwache Entwicklung fällt mit dem Rückgang von Aktien und Anleihen chinesischer privater Bildungs-, Technologie- und Immobilienunternehmen zusammen, der durch regulatorische und politische Änderungen ausgelöst wurde.


   Auf China fokussierte Fonds bleiben hinter Benchmarks zurück 

Die chinesischen Behörden gaben kürzlich Pläne bekannt, private Bildungsunternehmen wie New Oriental Education & Technology als gemeinnützig einzustufen und Technologieunternehmen wie den Lieferdienst Meituan und den Internetriesen Alibaba zu zügeln. Die Regierung hat auch Signale ausgesandt, dass sie die übermäßige Kreditaufnahme von Immobilienentwicklern einschränken will. Im Juli wurde befürchtet, dass das hoch verschuldete Immobilienunternehmen China Evergrande seine Anleihen nicht mehr bedienen könnte.

Von den zehn Rentenfonds, die nicht auf Schwellenmärkte fokussiert sind und die gemessen am Dollarbetrag die größten Bestände an chinesischen Unternehmensanleihen halten, blieben neun auf dem Höhepunkt der jüngsten Turbulenzen an den chinesischen Schuldenmärkten hinter ihren Benchmarks zurück, wie eine Analyse der Morningstar-Daten zeigt. Die Entwicklung einiger dieser Fonds hat sich in den vergangenen Tagen zum Positiven gewendet, als sich die Kurse chinesischer Unternehmensanleihen erholten. Wahrscheinlich wird es noch mehr Turbulenzen geben, insbesondere für Immobilienunternehmen mit Ramsch-Ratings, so der Fondsmanager für Schwellenländer Nish Popat bei der Neuberger Berman Group. "Wir glauben nicht, dass wir schon völlig über den Berg sind."


   Chinas Kartellwächter greifen hart durch 

Auch Investment-Grade-Anleihen sind gefährdet. Die Preise der 2030 fälligen, mit Triple-B bewerteten Anleihe von Meituan brachen Ende der Vorwoche nach Angaben von Marketaxess auf etwa 91 Cent pro Dollar ein und damit unter den Nennwert von Mitte Juli. Das Wall Street Journal berichtete zuletzt, dass die chinesischen Aufsichtsbehörden eine Kartellstrafe in Höhe von rund 1 Milliarde US-Dollar gegen Meituan verhängen wollen, was ein Zeichen für die verschärfte aufsichtsrechtliche Kontrolle des Unternehmens ist.

Nach Angaben der International Capital Market Association haben chinesische Unternehmen Anleihen im Wert von rund 6,55 Billionen Dollar ausstehen, von denen 752 Milliarden Dollar in Fremdwährungen wie dem Dollar verkauft wurden. Unter Berücksichtigung der Staatsschulden beläuft sich der chinesische Inlandsanleihemarkt auf etwa 15 Billionen Dollar und ist damit der zweitgrößte weltweit nach den USA.


   Zinsen in China höher als in den USA und in Europa 

Gleichzeitig sind die von westlichen Geldmanagern verwalteten globalen Anleihefonds größer geworden, so dass sich selbst kleine Investitionen in chinesische Schuldtitel zu großen Beträgen summieren können. Der 42 Milliarden Dollar schwere Strategic Income Opportunities Fund von Blackrock meldete Morningstar kürzlich eine Position von 1,45 Prozent in chinesischen Nicht-Staatsanleihen, was etwa 610 Millionen Dollar entspricht. Zu den nichtstaatlichen Schuldtiteln gehören laut Morningstar in erster Linie Unternehmensanleihen, aber auch andere Vermögenswerte wie kommunale und durch Vermögenswerte besicherte Anleihen.

Andere Fondsmanager setzten in großem Umfang auf hochverzinsliche chinesische Anleihen, um die rekordniedrigen Zinssätze für Unternehmensanleihen in den USA und Europa auszugleichen. Der 20 Milliarden Dollar schwere Global Investment Grade Credit Fund von Pimco meldete Morningstar eine Allokation von rund 5 Prozent beziehungsweise 1 Milliarde Dollar in chinesischen Nicht-Staatsanleihen. Laut einer Studie der Citigroup rentieren Anleihen chinesischer Technologieunternehmen etwa 0,9 Prozentpunkte höher als US-Anleihen mit Investment-Grade-Rating.


   Manche Anleger rufen zur Schnäppchenjagd in China auf 

Die Fonds von Blackrock und Pimco blieben im vergangenen Monat um etwa einen Zehntelprozentpunkt hinter ihren Benchmarks zurück. Aber ein globaler Anleihefondsmanager hinkte wegen seiner starken Wette auf chinesische Unternehmen weitaus stärker zurück. Der 3 Milliarden Dollar schwere Enhanced Reserve Fund von Fidelity International mit Sitz in Großbritannien hat etwa 20 Prozent seiner Anlagen, das heißt 600 Millionen Dollar, in chinesischen Unternehmensanleihen gesteckt, so eine Sprecherin des Unternehmens. Der Fonds lag in dem am vergangenen Donnerstag abgelaufenen Monat um 1,77 Prozentpunkte hinter seinem Referenzindex zurück und hat seitdem die unterdurchschnittliche Entwicklung auf etwa einen halben Prozentpunkt reduziert, so die Daten von Morningstar.

"Der Fidelity Enhanced Reserve Fund ist ein stark diversifiziertes (über 400 Wertpapiere) Portfolio aus hochwertigen Unternehmensanleihen", so der Fidelity-Portfoliomanager Morgan Lau in einer E-Mail. Der Fonds habe nur begrenzte Auswirkungen der jüngsten Volatilität gespürt, ergänzte er. Einige Analysten empfahlen den Anlegern, den jüngsten Ausverkauf zur Schnäppchenjagd zu nutzen. "Auf dem aktuellen Niveau halten wir chinesische Kredite für relativ attraktiv", empfiehlt die Citigroup den Kauf von Schwellenländerpapieren und hier besonders chinesische Unternehmensanleihen.

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August 11, 2021 07:19 ET (11:19 GMT)