München (Reuters) - Unternehmen müssen sich offenbar auch im nächsten Jahr auf steigende Preise für Manager-Haftpflichtversicherungen einstellen.

Inflation, Rezession, Klimawandel und Cyber-Risiken seine eine "toxische Mischung", die zu mehr Schadenfällen in der sogenannten D&O-Versicherung ("Directors & Officers"-Policen) führen könne, sagte Stephan Geis, der bei der Allianz-Industrieversicherungs-Tochter AGCS für die Sparte in Zentral- und Osteuropa zuständig ist, der Nachrichtenagentur Reuters. "Noch nie war das Haftungsrisiko für Führungskräfte so groß wie jetzt." Das müsse sich auch in den Prämien widerspiegeln, sagte Geis. "Die Versicherer brauchen ein auskömmliches Prämienniveau. Es geht darum, die jahrelang defizitären Raten zu kompensieren."

Im vergangenen Jahr waren die Preise für D&O-Versicherungen in den wichtigsten Märkten im zweistelligen Prozentbereich nach oben geschossen, wie Vanessa Maxwell, Global Head of Financial Lines bei AGCS, berichtete. Nach einer Statistik des deutschen Branchenverbandes GDV haben die Manager-Haftpflichtversicherer 2021 schwarze Zahlen geschrieben. Die Zahlen von AGCS fließen aber in die GDV-Statistik nicht mit ein. "In unserem Portfolio haben wir den Sanierungsprozess 2021 abgeschlossen. Seit diesem Jahr sind wir in der D&O-Versicherung wieder auf Wachstumskurs - aber nicht um jeden Preis", sagte Geis.

Die Allianz gehört neben Talanx (HDI-Gerling), der R+V Versicherung und dem US-Konzern AIG zu den größten Anbietern von D&O-Versicherungen in Deutschland. Üblicherweise zahlen die Unternehmen die Prämien für ihre Führungskräfte.

Der Rückgang der Aktionärsklagen in den USA und eine zunehmende Konkurrenz hatte bei den Kunden zuletzt Hoffnung auf Entspannung geweckt. Geis warnt aber, dass teure Aktionärsklagen bald wieder Konjunktur haben. "Je größer der wirtschaftliche oder zeitliche Druck auf ein Unternehmen ist, desto eher kommen Management-Fehler vor. Und je schlechter die Ergebnisse, desto eher ruft das Aktionäre auf den Plan." Die Aktionärsklagen seien 2022 zwar weniger geworden, dafür umso teurer.

Dazu kämen neue Risiken wie Cyber-Attacken, für die immer öfter Vorstände und Geschäftsführer zur Verantwortung gezogen würden. "Hier müssen Unklarheiten in den Bestimmungen beseitigt werden", sagte Geis. Die Zahl der Firmenpleiten, bei denen sich Firmenchefs regelmäßig Klagen der Insolvenzverwalter gegenüber sähen, wirke sich im Schnitt erst mit zwei Jahren Verzögerung in den Büchern der D&O-Versicherer aus.

(Bericht von Alexander Hübner; Redigiert von Scot W. Stevenson; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)