WASHINGTON/MIAMI (dpa-AFX) - Der extrem gefährliche Hurrikan "Dorian" stellt in den USA Millionen Menschen auf die Probe - einen davon ganz besonders: Präsident Donald Trump. Ein Regierungschef ist bei solchen Naturkatastrophen in Amerika in vielerlei Hinsicht gefordert: Er muss die Behörden antreiben, alle nötigen Vorbereitungen anzustoßen, er muss Präsenz zeigen und auch Kümmerer-Qualitäten an den Tag legen. Letzteres fällt Trump oft sehr schwer. Für ihn steht ein Jahr vor der Präsidentenwahl viel auf dem Spiel: Der Umgang mit einer solchen Krise kann einen Präsidenten stärken oder nachhaltig beschädigen.

Am Donnerstag zeigte sich Trump als besorgter Regierungschef und warnte vor dem Hurrikan: "Es sieht so aus, als wenn es ein absolutes Monster sein könnte." Er appellierte an die Menschen in den Küstenstaaten, sich vorzubereiten. "Seien sie wachsam, bleiben sie sicher - und Gott schütze sie." Zudem sagte Trump einen seit Langem für Sonntag und Montag geplanten Besuch in Polen ab. Doch anstatt im Weißen Haus das Kommando zu führen, flog er am Freitagabend nach Camp David, dem Landsitz der US-Präsidenten. Dort werde er "hart arbeiten", sagte er. Am Samstag flog er dann aber zum Golfspielen.

In Florida und anderen betroffenen Bundesstaaten entlang der Südostküste schaufelten derweil Anwohner Sand in Sandsäcke und versorgten sich mit dem Nötigsten, um die kommende Woche notfalls ohne Strom, Wasserversorgung und Hilfe von außen zu überstehen. Hamsterkäufer rollten Einkaufswagen voller Trinkwasser, Essen und Medikamenten aus den Supermärkten. An den Tankstellen bildeten sich lange Schlangen - die Anwohner wollten für eine eventuell bevorstehende Evakuierung bereit sein.

Das Weiße Haus erklärte unterdessen, ein Mitarbeiter der Katastrophenschutzbehörde (Fema) sei mit dem Präsidenten auf dem Golfplatz und halte ihn auf dem Laufenden. Über Twitter verbreitete Trump dann einige offizielle Warnungen, am Sonntagmittag (Ortszeit) wollte er für ein Hurrikan-Krisentreffen zurück nach Washington fliegen.

Am Samstag schien es so, als würde "Dorian" - ein extrem gefährlicher Hurrikan der Stufe vier von fünf - an Florida vorbeischrammen und über dem westlichen Atlantik nördlich in Richtung der Bundesstaaten Georgia und South Carolina ziehen. Damit könnte den Anwohnern der Küste eine massive Katastrophe erspart bleiben. Sollte "Dorian" doch noch auf Floridas Ostküste treffen, wäre es dort der schwerste Hurrikan seit einem Vierteljahrhundert. Meteorologen warnten indes, dass die Küstengebiete selbst im besten Fall mit heftigen Regenfällen, Sturmfluten und zerstörerischen Winden rechnen müssten.

Für Trump sieht es in Umfragen derzeit nicht allzu gut aus. Der Hurrikan könnte eine Chance sein, zur Abwechslung als Krisenmanager und einender Landesvater wahrgenommen zu werden - und nicht als Präsident, der das Land mit oft kampflustigen Tweets spaltet. Bislang hat er bei Hurrikans jedoch keine allzu gute Figur gemacht.

Als der verheerende Hurrikan "Maria" 2017 die Karibikinsel Puerto Rico erschütterte, machte Trump vor allem mit Beschimpfungen gegen die Politiker in dem US-Außengebiet von sich reden. Das Katastrophenmanagement seiner Regierung lobte er über den Klee hinaus

- während auf der Insel noch katastrophale Zustände herrschten. Bei

seinem Besuch in Puerto Rico, fast zwei Wochen nach dem Sturm, fiel Trump dann durch flapsiges Auftreten auf: Wie ein Basketballspieler warf er bei bester Stimmung Toilettenpapier in die Menge. Das brachte ihm heftige Kritik ein; die Bilder verbreiteten sich rasant.

Auch nach dem Hurrikan "Harvey", der 2017 in Texas und Louisiana für heftige Überschwemmungen gesorgt hatte, schien Trump nicht den richtigen Ton zu finden. Bei seinem ersten Besuch traf er sich gar nicht mit Betroffenen, was ihm herbe Kritik einbrachte. Bei einer zweiten Visite besuchte er eine Notunterkunft, wo er Schutzsuchenden zum Abschied riet, es sich "gut gehen zu lassen". Die Rolle des Kümmerers, des Landesvaters, der Bürger auch mal in den Arm nehmen kann und dabei in leisen Tönen Zuspruch leistet, liegt ihm nicht.

Sein Vorgänger Barack Obama, ein begnadeter Redner, zeigte bei solchen Besuchen, etwa 2012 nach dem Hurrikan "Sandy" in New Jersey, großes Einfühlungsvermögen. Obama hatte den Vorteil, dass er bei seinem Vorgänger, George W. Bush, gesehen hatte, wie ein Präsident es nicht machen sollte. Dieser wurde wegen seiner als unzureichend angesehenen Reaktion auf den schlimmen Hurrikan "Katrina" 2005 heftig kritisiert. Hunderte Menschen kamen ums Leben, die Schäden waren massiv, die Regierung schien überfordert. Manche Beobachter sagten, der Sturm habe auch Bushs Präsidentschaft irreparabel beschädigt.

Sollte "Dorian" im Lauf der Woche großen Schäden an der Südostküste verursachen, wird Trump das Gebiet besuchen müssen. Es wird sich dann zeigen, welchen Eindruck er dort hinterlassen wird./jbz/DP/fba