Karlsruhe (Reuters) - Höchstrichterliche Schlappe für Gastwirte und Hoteliers: Versicherer müssen für staatlich angeordnete Schließungen von Cafes und Restaurants in der Corona-Pandemie in aller Regel nicht zahlen.

Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) am Mittwoch in einem Pilotverfahren entschieden. Geklagt hatte ein Gastwirt aus Schleswig-Holstein gegen den Kölner Versicherer AXA, bei dem er vor der Pandemie eine Betriebsschließungsversicherung abgeschlossen hatte. Sie sollte ihm den Einnahmeausfall für 30 Tage ersetzen, wenn seine Gaststätte infolge von ansteckenden Krankheiten zwangsweise geschlossen würde. Doch im Lockdown im März 2020 wurde seine Hoffnung enttäuscht - zu Recht, wie das oberste deutsche Berufungsgericht befand. Der BGH erklärte, der Versicherer müsse nur für Krankheitserreger zahlen, die in einer Liste in den Vertragsklauseln aufgeführt seien. Das neue Sars-2-Virus (Covid-19) war dort nicht genannt. (Az: IV ZR 144/21)

Der Versicherungsnehmer habe nicht erwarten können, dass die AXA bei allen Krankheiten nach dem Infektionsschutzgesetz zahle, die ihn zur Schließung zwingen. Denn sonst würde eine Auflistung der konkreten Krankheitserreger in den Versicherungsbedingungen "keinen Sinn machen", sagte die Vorsitzende Richterin Barbara Mayen bei der Urteilsverkündung. Die Klausel sei auch nicht intransparent. Schließlich sei es im beiderseitigen Interesse, dass der Versicherer nicht bei beliebigen Infektionen leisten müsse, da die Prämien sonst viel höher ausfallen müssten. Das pauschale Argument, dass nur tatsächliche Infektionen im Betrieb selbst versichert seien, ließ der BGH dagegen nicht gelten.

Der Branchenverband GDV und die AXA begrüßten das Urteil, das für alle Verträge mit derartigen Klauseln gelte, die von vielen Versicherern verwendet wurden. "Grundsätzlich können wir die Enttäuschung von Gastronomen und Hoteliers verstehen, wenn Versicherer Zahlungen ablehnen", sagte der Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbands der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) Jörg Asmussen. "Versicherer können aber nur das bezahlen, was versichert ist." Die Entscheidung gebe Rechtssicherheit, erklärte die AXA. Allein beim BGH sind 160 weitere Klagen zu Betriebsschließungs-Policen in der Corona-Pandemie anhängig, in unteren Instanzen sind es weit mehr. Über Versicherer, die andere Klauseln verwendet haben oder einfach auf das Infektionsschutzgesetz verwiesen, will der BGH separat verhandeln.

WIRTSCHAFTLICHE FOLGEN HALTEN SICH IN GRENZEN

Insgesamt hatten 73.000 Betriebe in Deutschland eine solche Police abgeschlossen, für Prämien von zumeist wenigen hundert Euro im Jahr. Als in der Corona-Pandemie die ersten Forderungen von Kunden kamen, zahlten einige Sachversicherer aus Kulanz 15 Prozent der erhofften Entschädigung oder einigten sich mit einzelnen Gastronomen und Hoteliers auf Vergleiche. Andere wie der HDI (Talanx) zahlten freiwillig die ganze Summe. Hunderte von Wirten zogen aber vor Gericht - wo sie in den unteren Instanzen zumeist unterlagen. Auch der Wirt aus Schleswig-Holstein war schon vor dem Landgericht Lübeck und dem Oberlandesgericht in Schleswig abgeblitzt.

Insgesamt kosteten die Betriebsschließungen die Versicherer nach Daten des GDV knapp eine Milliarde Euro. Mittlerweile sind Pandemien in den Verträgen zumeist ausgeschlossen, weshalb die Branche ohnehin keine großen wirtschaftlichen Folgen mehr zu fürchten hatte.