Von Dan Gallagher

NEW YORK (Dow Jones)--Google mag am Ende kaum eine andere Wahl geblieben sein. Der Konzern muss für sein ureigenes Suchmaschinen-Geschäft erhebliche Störungen hinnehmen. Dabei hilft Google, dass dies aus einer Position der neu gefundenen Stärke heraus möglich ist. Der Internetriese, der zu Alphabet gehört, kündigte zuletzt an, dass er für seine Werbekunden keine Nutzer-Tracking-Technologie mehr einsetzen wird.

Google schien sich mit dem Schritt lange Zeit zu lassen. Das Unternehmen kündigte aber bereits vor etwas mehr als einem Jahr an, die Verwendung von Cookies von Drittanbietern in seinem Chrome-Browser einzustellen. Seitdem berichtete die Firma über Chancen zur weiteren Verbesserung der Privatsphäre seiner Nutzer. Die Ankündigung folgt auf noch aggressivere Schritte des Konkurrenten Apple. Der iPhone-Hersteller arbeitet daran, das Tracking mit einem neuen Update seines mobilen Betriebssystems stark zu reduzieren. Bei Apple sollen die Nutzer bald gefragt werden, ob sie mit der Nutzung von Cookies einverstanden sind.


   Googles Anzeigengeschäft wieder im Aufwind 

Werbung ist immer noch Googles Lebenselixier und machte im vergangenen Jahr 81 Prozent des Umsatzes der Muttergesellschaft aus. Das Anzeigengeschäft erlebte Ende des Jahres einen starken Aufschwung, nachdem es zuvor stark unter der Pandemie gelitten hatte. Laut Alphabets Berichtswesen über seine Segmente treibt das Anzeigengeschäft zudem generell das schnell wachsende, aber immer noch verlustbringende Cloud-Geschäft des Unternehmens effektiv an.

Der Aktienkurs von Alphabet gab zuletzt nach der Ankündigung um fast 2 Prozent nach. Das Unternehmen machte keine Angaben zu den erwarteten finanziellen Auswirkungen, räumte aber ein, dass es durch den Schritt einen Wettbewerbsnachteil erleiden könnte. "Andere Anbieter können eine gewisse Nutzererkennung durch das Anzeigen-Tracking im Internet anbieten, das bei uns nicht mehr möglich ist", schreibt David Temkin, Googles Direktor fürs Produktmanagement.


   Google weiterhin Maß aller Dinge bei Internet-Suchen 

Googles Schritt ist auch deshalb so einschneidend, da das Unternehmen seit mindestens 2009 konstant mehr als 90 Prozent der weltweiten Suchaktivitäten auf sich vereint. Das gibt dem Unternehmen eine mächtige Position als Ausgangspunkt für die meisten Internetaktivitäten. Es verleiht Google auch die einzigartige Fähigkeit, Alternativen zu entwickeln, die immer noch ein gewisses Reklame-Maßschneidern für Werbekunden ermöglicht und gleichzeitig die Privatsphäre des Einzelnen bewahrt.

Dazu gehören Methoden, bei denen Verbraucher im Netz für die Werbewirtschaft mit anderen Nutzern ähnlicher Interessen zusammengruppiert werden, während zugleich eben individuelle Daten privat bleiben. Die Zeit wird zeigen, ob diese Änderungen dem Anzeigengeschäft von Google helfen oder schaden. Aber seine Position mit etwas mehr als der Hälfte des globalen Marktes für digitale Werbung bedeutet, dass die Änderungen nicht einfach ignoriert werden können.


   Google kann sein Image aufpolieren 

Die Änderungen könnten dem Unternehmen bei den Regulierungsbehörden allerdings nicht unbedingt helfen. Die britische Regierung hat bereits eine Untersuchung zu Googles früherem Schritt anberaumt, Cookies von Drittanbietern abzuschaffen. Konkurrenten beschwerten sich darüber, dass dies die Dominanz des Unternehmens noch verstärken würde. Trade Desk und Criteo - zwei Unternehmen, die Software und Tracking-Tools für Werbetreibende anbieten - sahen ihre Aktienkurse zuletzt um jeweils 10 Prozent und 2 Prozent im Sturzflug. Google kann es heutzutage nicht mehr jedem recht machen, aber die Verbesserung seines Images, was die Privatsphäre der Nutzer anbelangt, sollte die Mühen wert sein.

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March 04, 2021 06:42 ET (11:42 GMT)