PREMSTÄTTEN/MÜNCHEN (dpa-AFX) - Auf dem Weg zur Übernahme des angeschlagenen Lichtkonzerns Osram hat der österreichische Sensorhersteller AMS kürzlich einen weiteren wichtigen Schritt gemacht. Mit der abgeschlossenen Kapitalerhöhung ist das Unternehmen aus Premstätten in der Steiermark nun fast am Ziel und will den Zusammenschluss mit dem Traditionskonzern aus München im zweiten Quartal abschließen. Doch die Turbulenzen an den Finanzmärkten werfen einen Schatten auf das ohnehin schwierige Vorhaben. Was bei AMS los ist, wie Analysten die weiteren Aussichten einschätzen und wie sich die Aktie entwickelt hat.

DAS IST LOS IM UNTERNEHMEN:

Für AMS ist eine 1,65 Milliarden Euro schwere, aber nicht vollständig gezeichnete Kapitalerhöhung ein elementarer Baustein zur Finanzierung der Osram-Übernahme. Denn: die stark verschuldeten Österreicher wollen den Kauf weitgehend auf Pump stemmen und erhoffen sich vom Zusammenschluss mit den deutlich größeren Münchenern eine Menge. AMS-Chef Alexander Everke, ein früherer Siemens-Manager, will einen europäischen Weltmarktführer für Sensoriklösungen und Photonik schmieden und sieht große Synergieeffekte.

Obwohl er nicht müde wird, die Logik der Übernahme zu betonen, musste auch Everke zuletzt mit ansehen, wie die Aktienkurse von AMS und Osram im Zuge der Coronavirus-Pandemie einbrachen. Das nährte Zweifel am Erfolg der notwendigen Kapitalerhöhung. Allen Unkenrufen zum Trotz gelang sie dennoch. Eine Rest-Unsicherheit bleibt beim insgesamt 4,6 Milliarden Euro teuren Kauf trotzdem.

Denn Osram hat nicht nur ein verlustreiches Jahr hinter sich und steckt tief in der Krise. Im Zuge des Kurseinbruchs an den Märkten hat der Leuchtenhersteller in den vergangenen Wochen weiter an Boden verloren und im laufenden Jahr rund ein Viertel an Wert eingebüßt. Aktuell kostet eine Aktie rund 33 Euro, damit liegt sie deutlich unter dem AMS-Angebot von 41 Euro je Anteilsschein. Ein Kauf von Osram erscheint damit zunehmend unattraktiver.

So hatten die Münchener wegen der Corona-Krise erst kürzlich ihre Prognose für das laufende Geschäftsjahr zurückziehen müssen und ihr Sparprogramm verschärft. Zu den ohnehin gravierenden Problemen kommt also auch noch das Virus hinzu, durch zu erheblichen Umsatzeinbußen führt. Die Münchener machen den Löwenanteil ihres Umsatzes mit der Autoindustrie, die ihre weltweite Produktion derzeit vielerorts eingestellt hat.

Außerdem fehlt nach wie vor die Zustimmung der Wettbewerbsbehörden zum Deal mit AMS, den vor allem der Osram-Betriebsrat und die Gewerkschaft IG Metall von Beginn an abgelehnt hatten. Ungeachtet dessen treibt AMS die angepeilte Zusammenführung beider Unternehmen voran. Mit Ingo Bank holten die Österreicher vor wenigen Wochen den bisherigen Osram-Finanzchef als Vorstandsmitglied mit an Bord. Ein weiteres Signal dafür, dass sich bei AMS niemand mehr beirren lassen will.

DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:

Beim Blick auf die Einschätzung der im dpa-AFX-Analyser vertretenen Marktexperten ergibt sich ein uneinheitliches Bild. Von den insgesamt sechs seit Jahresbeginn dort vertretenen Analysten empfehlen drei die AMS-Aktie zum Kauf, zwei raten zum Verkauf und ein Experte spricht sich dafür aus, die Anteilsscheine zu halten. Die Kursziele liegen durchweg deutlich über dem aktuellen Aktienkurs - auch weil das Papier in den vergangenen Wochen so rasant abgestürzt ist.

Sandeep Deshpande von der US-Bank JPMorgan verweist darauf, dass der Zeitpunkt für einen Beherrschungsvertrag mit Osram ungewiss sei und das AMS-Management das Vorhaben angesichts der Schwäche der Endmärkte noch einmal überdenken dürfte.

Derweil geht Achal Sultania von der Schweizer Bank Credit Suisse davon aus, dass AMS jetzt vor weiteren Herausforderungen steht, da bei der Kapitalerhöhung weniger Papiere als eigentlich angedacht platziert worden sind.

Positiver gestimmt ist dagegen Robert Sanders von der Deutschen Bank, der die guten Ergebnisse der Österreicher für das vierte Quartal und den Jahresauftakt hervorhebt. Sorgen um das AMS-Geschäft mit Apple sind seiner Auffassung nach zu hoch gehängt, zudem würden die Impulse durch den Osram-Deal nicht richtig verstanden, schrieb der Analyst Mitte Februar. Das war allerdings noch vor Beginn des Corona-Crashes.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Die an der Schweizer Börse in Zürich gehandelte AMS-Aktie verlor im Zuge der Corona-Krise rapide an Wert. Aktuell kostet ein Anteilsschein gerade mal noch rund 10 Schweizer Franken. Anfang Februar und damit vor der Zuspitzung der Pandemie in Europa lag der Wert noch bei rund 48 Franken.

Seither ist der Kurs um fast 80 Prozent eingebrochen und der Börsenwert der Österreicher tief in den Keller abgesackt. Die Marktkapitalisierung liegt nur noch bei rund 740 Millionen Franken (etwa 700 Millionen Euro).

Auch auf längere Sicht sieht es nicht besser aus: In den zurückliegenden drei Jahren summiert sich das Minus für AMS sogar auf etwa 85 Prozent. Im Frühjahr 2018 kostete ein Anteilsschein zwischenzeitlich sogar rund 120 Franken. Davon ist der Sensorhersteller mittlerweile Welten entfernt./eas/men/mis