Von Carol Ryan

NEW YORK (Dow Jones)--Der neue Budweiser-Chef ist sich in einem Punkt sehr sicher. Bier habe eine ebenso große Zukunft vor sich wie Spirituosen. Die Aktionäre haben ihm diese Sicht der Dinge allerdings noch nicht abgekauft.

Der seit Juli amtierende Anheuser-Bush-InBev-CEO Michel Doukeris skizzierte zuletzt auf einem Investorentag seine Strategie für die größte Brauerei der Welt. Er plant, den Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) "mittelfristig" um 4 bis 8 Prozent pro Jahr zu steigern. Es ist das erste Mal, dass AB InBev ein derartiges Ziel vorgibt, und es zeigt, dass die neue Führungsspitze von einem Gewinnwachstum überzeugt ist, das notwendig ist, um die hohe Verschuldung des Unternehmens abzubauen.

Eine der schwierigsten Aufgaben von Doukeris wird es sein, den Eindruck aus dem Weg zu räumen, dass Bier gegenüber Spirituosen den Kürzeren zieht. Dieser Eindruck trifft in Nordamerika zu, wo AB InBev immer noch mehr als ein Drittel des Konzernumsatzes und des Betriebsgewinns erwirtschaftet.

Getränkehersteller mit einem Fokus auf Spirituosenmarken wie Diageo haben von einem Boom bei der Herstellung von Cocktails zu Hause profitiert. Laut Euromonitor lag der Anteil von Bier an den US-Alkoholverkäufen 2020 bei 43 Prozent, gegenüber 50 Prozent 2006. Der Anteil von Spirituosen ist im gleichen Zeitraum von 31 Prozent auf 39 Prozent geklettert.


   AB InBev will in Entwicklungsländern mit Billigbier punkten 

Der Anteil von Bier am weltweiten Alkoholmarkt lag in den vergangenen 15 Jahren jedoch stabil bei etwa 43 Prozent. Um das Wachstum anzukurbeln, wird AB InBev auch weiterhin auf Premium-Biermarken wie Michelob Ultra setzen. Sie machen bereits 30 Prozent des Gesamtumsatzes aus. Hochwertige Biere boomen in so unterschiedlichen Märkten wie den USA, Brasilien und China, wo das Unternehmen davon ausgeht, dass sich die Zahl der Mittelklasse-Haushalte bis zum Ende des Jahrzehnts mehr als vervierfacht.

In einkommensschwächeren Ländern wird die Brauerei billigere Produkte anbieten, um zu versuchen, die Verbraucher vom Selbstgebrauten zum Markenbier zu bringen.

AB InBev kündigte auch einen überraschenden Vorstoß in die so genannte Biotechnologie an. Anstatt das beim Brauen anfallende Gerstenmalz zu verschenken, wird das Unternehmen es in pflanzliche Proteine umwandeln, die an die Lebensmittel- und Getränkeindustrie verkauft werden können.

Es wird erwartet, dass dieses im Entstehen begriffene Geschäft im nächsten Jahr zusätzliche Einnahmen von 20 Millionen US-Dollar einbringt. Das wird den erwarteten Umsatz von rund 57 Milliarden Dollar nicht spürbar pushen, könnte aber mit der Zeit das Wachstum ankurbeln.


   Hochprozentige Gewinne der Spirituosenaktien 

Anleger haben im Zuge der Pandemie eine klare Vorliebe für härteren Alkohol entwickelt. Die Aktien der weltweit tätigen Spirituosenunternehmen Diageo und Pernod Ricard sind seit Beginn der Covid-19-Krise jeweils um etwa 40 Prozent nach oben geschnellt, während diejenigen der Brauereien AB InBev und Heineken mehr oder weniger auf der Stelle traten.

Beide Spirituosenwerte werden mit einem Aufschlag von 76 Prozent gegenüber den beiden Biertiteln gehandelt, basierend auf dem Verhältnis von Unternehmenswert zu EBITDA - dem höchsten Wert seit 2008.

Es gibt erste Anzeichen dafür, dass sich die Geschmäcker womöglich ändern. Das Umsatzwachstum von AB InBev hat sich in den vergangenen Quartalen dramatisch verbessert, und die Aktien des Unternehmens legten zuletzt um etwa 4 Prozent zu.

Aber Verbrauchertrends in der Getränkeindustrie brauchen in der Regel Jahre, um sich zu entfalten. Die Anleger könnten sich noch eine Weile eher für das Schnapsregal interessieren.

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DJG/DJN/axw/smh

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December 07, 2021 04:57 ET (09:57 GMT)