Von Saabira Chaudhuri und Georgi Kantchev

LONDON (Dow Jones)--Der weltgrößte Brauereikonzern Anheuser-Busch Inbev zieht sich wegen der Ukraine-Invasion aus Russland zurück und nimmt für den Verkauf seiner Anteile an einem Joint Venture eine Belastung von 1,1 Milliarden US-Dollar in Kauf. Auch die Rivalen Heineken und Carlsberg nehmen im Zuge ihres Russland-Ausstiegs Wertberichtigungen von 432 Millionen bzw 1,4 Milliarden Dollar auf die Bücher. Zwei Monate nach Beginn der Invasion loten westliche Unternehmen, die noch in dem Land aktiv sind, ihre Möglichkeiten aus.

Der Druck auf die Unternehmen durch die ukrainische Regierung, westliche Staaten, Investoren und Kunden, sich aus Russland zurückzuziehen, ist hoch. Eine Reihe von Finanzsanktionen und Exportkontrollen macht das normale Geschäft in Russland für viele Unternehmen schwierig, wenn nicht unmöglich. Internationale Zahlungen, der Import von Rohmaterialien und die Bezahlung von Mitarbeitern sind kompliziert geworden.

Laut Forschern der US-Universität Yale haben mehr als 750 westliche Unternehmen angekündigt, sich aus Russland zurückzuziehen oder ihr Geschäft dort zurückzufahren.

Einige Unternehmen - wie AB Inbev - nahmen zunächst eine abwartende Haltung ein. Der Konzern hatte seinen türkischen Partner gebeten, die Lizenz für Budweiser auszusetzen und angekündigt, alle Profite aus dem Joint Venture aufzugeben.


   Continental fuhr Reifenproduktion auf Moskaus Druck wieder hoch 

Moskau übt unterdessen Druck auf die Unternehmen auf, ihre Aktivitäten in Russland wieder hochzufahren. Diese Woche kündigte der Autozulieferer Continental an, seine Reifenproduktion für Pkw in seinem russischen Werk temporär wieder anlaufen zu lassen. Der Konzern begründete dies mit "harten strafrechtlichen Konsequenzen" für Mitarbeiter und Führungskräfte vor Ort, sollten diese den Bedarf im Land nicht bedienen.

Vertreter der russischen Generalstaatsanwaltschaft waren unmittelbar nicht erreichbar für eine Stellungnahme zu solchen Strafen. Die Behörde hatte zuvor deutlich gemacht, dass sie westliche Unternehmen, die ihren Rückzug ankündigen, besonders ins Visier nimmt, um die Einhaltung der russischen Arbeitsgesetze zu überwachen.

Derzeit durchlaufen mehrere Entwürfe den Gesetzgebungsprozess in Russland, die es den Unternehmen erschweren könnten, einen Mittelweg zu wählen. Eine Maßnahme wäre die Verstaatlichung von Vermögenswerten, die westliche Unternehmen ungenutzt zurücklassen. Eine weitere zielt auf die Kriminalisierung der Befolgung westlicher Sanktionen ab. Es ist noch unklar, wie sich diese Vorhaben konkret auf die Unternehmen auswirken würden.


   Ikea und Zara behalten sich Wiedereröffnung vor 

Am Donnerstag sagte der stellvertretende russische Handelsminister laut der staatlichen Nachrichtenagentur Tass, dass Ikea und Zara ihre russischen Läden nach Anpassungen an ihren Lieferketten wiedereröffnen wollten. Viktor Evtukhov sagte, dass ausländische Unternehmen, die ihre Aktivitäten ausgesetzt haben, auf logistische Probleme und nicht auf die Situation in der Ukraine verweisen.

Weder Ikea noch Zara-Mutter Inditex wollten die Aussagen des Politikers direkt kommentieren. Eine Ikea-Sprecherin sagte, dass die Entscheidung des Unternehmens, die Aktivitäten in Russland auszusetzen, weiterhin Bestand habe. Ein Inditex-Sprecher sagte, das Unternehmen habe sein Geschäft in Russland nur vorübergehend ausgesetzt und zuvor gesagt, die Aktivitäten wieder aufzunehmen, sobald es die Umstände erlaubten.

AB Inbev ist seit 1999 ein wichtiger Spieler auf dem russischen Biermarkt, seit das Vorgängerunternehmen Interbrew ein Gemeinschaftsunternehmen mit Sun Brewing formte und damit der zweitgrößte Brauer in dem Land und der größte in der Ukraine wurde. Nach der Übernahme von SABMiller 2016 erbte AB Inbev den SAB-Anteil von 25 Prozent an Anadolu Efes und führte sein Russland-Geschäft 2018 mit jenem des türkischen Brauers in einem paritätischen Joint Venture zusammen.

Russland war jahrelang einer der am schnellsten wachsenden Biermärkte der Welt, ist seit der globalen Finanzkrise aber ein schwieriger Markt. Moskau unternahm zudem Anstrengungen, das Trinken durch höhere Steuern und Begrenzung der Verkäufe einzudämmen.

2019 entfielen 4 Prozent des globalen Biervolumens auf Russland. Das Wachstumspotenzial ist weiterhin hoch.

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April 22, 2022 09:55 ET (13:55 GMT)