CUPERTINO (dpa-AFX) - Im Geschäft könnte es für Apple derzeit kaum besser laufen. Im vergangenen Quartal erst machte der Techgigant so viel Geld wie früher nur im besonders lukrativen Weihnachtsgeschäft. Allerdings bedeutet das nicht, dass alles bei den Kaliforniern glattläuft. Was bei Apple los ist, was die Aktie macht und was Analysten sagen.

DAS IST LOS BEI APPLE:

Eine große Nachfrage nach seinen iPhones hat den Umsatz von Apple im dritten Geschäftsquartal (Ende Juni) hochschnellen lassen. So stiegen die Erlöse konzernweit um mehr als ein Drittel auf 81,4 Milliarden Dollar (69 Mrd Euro) - und fast die Hälfte davon ist auf den Vertrieb mit dem Apple-Smartphone zurückzuführen. Das ist insofern außergewöhnlich, als dass das dritte Quartal traditionell eher ruhig verläuft: Potenzielle iPhone-Kunden schielen auf neue Modelle, die meist erst im Herbst vorgestellt werden.

Kräftig zulegen konnte auch das Dienste-Geschäft, in dem etwa Erlöse aus Abo-Angeboten wie Apple Music oder iCloud-Speicher zusammenfließen. Hier summierte sich der Umsatz auf 17,5 Milliarden Dollar, was einem Plus von fast einem Drittel entspricht. Die anderen hauseigenen Geräte wie Computer, Tablets und andere Geräte wie die Uhr oder Accessoires des Konzerns konnten zwar ebenfalls zulegen. Allerdings machen sie einen deutlich geringeren Teil am Gesamtbild aus.

Das laufende Quartal könnte aber magerer ausfallen, warnte Apple: Wegen der globalen Lieferengpässe unter anderem bei Halbleitern könnten die Erlöse geringer ausfallen. Betroffen seien iPhone und iPad und die Belastung werde größer ausfallen als im Vorquartal, sagte Finanzchef Luca Maestri. Bereits für das vergangene Quartal hatte Apple niedrigere Erlöse durch knappe Bauteile für iPads und Macs vorhergesagt. Apple-Chef Tim Cook äußerte sich nicht dazu, ob die Umstände auch das Weihnachtsgeschäft belasten würden.

Traditionell stellt Apple wenige Monate vor dem Fest im Dezember seine neuen Produkte vor. Am Dienstag will der Konzern neue Produkte präsentieren. Experten erwarten auf der Online-Veranstaltung neben dem iPhone 13 eine Neuauflage der Apple Watch und neue Kopfhörer. Mac-Nutzer schielen dagegen auf die neuen Computer und Laptops mit dem hauseigenen Chip "M1". Bislang wurden das MacBook Air, das MacBook Pro, der Mac Mini und das kleinere iMac-Modell mit dem "Apple Silicon" bestückt. Die anderen Macintosh-Modelle werden weiterhin mit Chips von Intel hergestellt.

Wann der Konzern seine neue Uhr tatsächlich verkaufen kann, ist fraglich. Anfang August berichtete die japanische Wirtschaftszeitung "Nikkei" unter Berufung auf eine mit der Sache vertrauten Person, dass sich der Verkaufsstart wegen Produktionsproblemen verzögern könnte. Eine Umstellung auf einen größeren Bildschirm und einen schnelleren Prozessor könnte zu Lieferverzögerungen oder einem knappen Angebot führen, hieß es.

Abseits von Produktionen fordern andere Fronten die Aufmerksamkeit der Konzernführung: Anfang August verscherzte es sich das Management mit der Kundschaft, als es Maßnahmen für mehr Kinderschutz ankündigte. Dazu gehört auch, dass zunächst nur in den USA auf den Geräten seiner Kunden Bilder mit kinderpornografischem Material entdeckt werden sollen, wenn sie den hauseigenen Online-Speicherdienstes iCloud für Fotos verwenden.

Unter anderem einige Kryptografie-Experten und IT-Sicherheitsforscher hatten kritisiert, allein schon die Schaffung eines solchen Systems öffne autoritären Regierungen die Möglichkeit politischer Überwachung. Daraufhin vertagte Apple sein Überwachungssystem, ohne ein Datum zu nennen.

Und auch Apples App-Store steht unter Beschuss. Die EU-Kommission wirft dem iPhone-Konzern unfairen Wettbewerb im Geschäft mit Musikstreaming-Apps wie Spotify vor. Und die Spielefirma Epic will mit einer Klage in den USA das Recht auf einen eigenen App-Store auf dem iPhone durchsetzen. Denn beim Erwerb digitaler Artikel und Inhalte über Apples In-App-System müssen Entwickler 15 bis 30 Prozent vom Kaufpreis an den iPhone-Konzern abtreten. Das ist Epic ein Dorn im Auge. Apple hingegen argumentiert, der App-Store sei eine lukrative Plattform für Entwickler und schütze gleichzeitig die Nutzer vor Betrugsversuchen.

Apple verbannte Epic im vergangenen Jahr aus dem App Store, nachdem die Spielefirma in "Fortnite" die Möglichkeit zum direkten Kauf digitaler Artikel hineinschmuggelte. In einem Punkt konnten sich Kläger und Konzern bislang einigen: Fortan können Entwickler außerhalb der App - etwa per Mail - Nutzer auf alternative Abo-Möglichkeiten hinweisen. Doch bei den vielen anderen Anklagepunkten siegte bislang der Tech-Gigant: Am Montag legte Epic Berufung gegen das Urteil einer kalifornischen Bezirksrichterin ein, die ihre Forderungen weitgehend abgewiesen hatte.

Apple hatte neun von zehn Klagepunkte abwehren können und sich außerdem mit der eigenen Gegenklage durchgesetzt. Allerdings wurde Apple untersagt, die Entwickler daran zu hindern, die Nutzer auf Möglichkeiten zum Kauf digitaler Artikel direkt bei den Entwicklern zu verweisen. Ob auch Apple gegen das Urteil Rechtsmittel beim Berufungsgericht der Vereinigten Staaten in San Francisco einlegen wird, war zunächst unklar. In dem Berufungsverfahren wird der Fall nach US-Recht nicht komplett neu aufgerollt und neue Zeugen befragt. Die Berufungsrichter überprüfen stattdessen, ob Richterin Rogers Fehler unterlaufen sind.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Erst vor wenigen Tagen war die Apple-Aktie von Rekord zu Rekord auf bis zu 157,26 US-Dollar gestiegen. Ende vergangener Woche geriet der Kurs allerdings wegen des Urteils im Streit mit Epic wieder etwas stärker zurück und rutschte unter die Marke von 150 Dollar. Diese hatte der Apple-Kurs erstmals im August überschritten - die Erfolgsgeschichte des Konzerns an der Börse hält also weiter an. Seit Ende 2020 weist der Kurs ein Plus von rund zwölf Prozent auf, im Jahresvergleich hat die Aktie sogar um knapp ein Drittel zugelegt.

Wie nachhaltig der Erfolg der bereits seit 1980 an der Börse gelisteten Apple-Aktie ist, zeigt ein Blick auf die mittel- und langfristige Entwicklung. In den vergangenen fünf Jahren haben Aktionäre, die seitdem die Papiere gehalten haben, ihr Investment fast versechsfacht. Seit dem Sommer 2001 beläuft sich das Kursplus auf fast 50 000 Prozent - wer damals 1000 Dollar in Apple investiert hatte, hat heute rund eine halbe Million Dollar. Wer beim Börsengang mit 1000 Dollar eingestiegen ist und seitdem nicht verkauft hat, hat Apple-Aktien für mehr als eine Million Dollar im Depot.

Mit Blick auf die Marktbewertung nähert sich der iPhone-Hersteller dem nächsten Meilenstein. Die erste Billionen-Marke hatte Apple im August 2018 genommen, die nächste dann zwei Jahre später im September 2020. Die laufende Etappe bis zur dritten Billion könnte nun ähnlich schnell gehen, die Hälfte dieses Weges hat die Aktie schon zurückgelegt. Im August wurde die 2,5-Billionen-Schwelle in weniger als einem Jahr überschritten.

Bei diesem Schritttempo könnte spätestens im Spätsommer 2022 die nächste Billionenmarke fallen. Analysten halten diesen historischen Schritt für realistisch, Dan Ives von Wedbush Research sprach schon vor einigen Monaten davon. Das iPhone 13 und das erste eigene Auto, das sogenannte Apple Car, werden dabei als wichtige Quellen für noch mehr Kursfantasie gesehen.

Derzeit liegt die Marktbewertung bei knapp 2,5 Billionen Dollar. Im Vergleich zu den sogenannten GAFAM-Konzernen ist Apple damit am meisten wert. Dahinter folgen Microsoft (2,2 Billionen Dollar), die Google-Mutter Alphabet (1,9 Billionen Dollar), der Online-Versandhändler Amazon (1,8 Billionen Dollar) sowie Facebook mit rund 1,1 Billionen Dollar.

DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:

Die Experten blicken vorsichtig optimistisch auf Apple. Von den sechs seit Juli von dpa-AFX erfassten Analysten empfehlen je drei zum Halten oder zum Kauf von Aktien der Kalifornier. Mit dem Kursziel von 180 US-Dollar ist Samik Chatterjee von JPMorgan am hoffnungsvollsten. Die Vorgabe von Bernstein-Analyst Toni Sacconaghi von 132 Dollar ist bereits längst überholt.

Derzeit notiert die Apple-Aktie bei knapp 150 Dollar und damit fast beim durchschnittlichen Kursziel von 155,40 Dollar der sechs aktuell bei dpa-AFX erfassten Experten. Etwas optimistischer sind die insgesamt 47 Experten, die bei Bloomberg aufgeführt werden und das Papier mit großer Mehrheit zum Kauf empfehlen. Deren durchschnittliches Kursziel liegt bei 166 Dollar. Die Marke von drei Billionen Dollar Börsenwert überspringt Apple bei der aktuellen Aktienzahl bei einem Kurs von etwas mehr als 181 Dollar.

Optimist Samik Chatterjee schrieb zuletzt, dass sich die Auswirkungen der Einigung im Gerichtsstreit mit kleineren Entwicklern in Grenzen halten dürften. Auch wenn es vor allem bei den Umsätzen mit Gaming-relevanten In-App-Käufen "Einflüsse" geben könnte, wenn Kunden auch außerhalb von Apples Ökosystems einkaufen können, rechnet der Analyst weiter damit, dass Konsumenten weiterhin das Apple-Bezahlsystem vorziehen werden.

David Vogt von der Schweizer Großbank UBS hingegen hob zwei auf Elektromobilität bezogene Patente hervor. Die Nachfrage nach Elektromobilität in den USA werde bis 2023 schrittweise genauso weiter steigen wie Etablierung dieser Technologie. Der Konkurrent Google starte mit seinem Unternehmen Waymo derzeit bereits mit dem Test von Robotaxen in San Francisco.

Mit Blick auf die neuesten Quartalszahlen zeigten sich die Analysten hingegen weitgehend zufrieden. Das dritte Quartal in Folge habe der Technologiekonzern die Erwartungen übertroffen, schrieb Analyst Toni Sacconaghi von Bernstein Research. Ohne Probleme bei der Zulieferung von Komponenten wären die Zahlen sogar noch besser ausgefallen, fügte Rod Hall von der Investmentbank Goldman Sachs hinzu.

Allerdings habe Apple mit seinen Rechnern und Tablets unter seinen Erwartungen gelegen. Matthew Cabral von der schweizerischen Bank Credit Suisse rechnet unterdessen für die zweite Jahreshälfte mit einer nachlassenden Geschäftsdynamik./ngu/men/zb