Bern (awp) - Handy-Bezahlapps halten in der Schweiz die Wettbewerbshüter auf Trab. Die Anbieter blockieren sich gegenseitig, um ihre Lösungen durchzusetzen. Nun ermittelt die Wettbewerbskommission (Weko) gegen Kartenherausgeber wegen mutmasslichen Boykotts von Apple und Samsung Pay. Das Ergebnis einer Untersuchung gegen Apple wiederum wird schon bald erwartet.

Apple Pay und Samsung Pay haben in der Schweiz einen schweren Stand. Rund zweieinhalb Jahre nach der Lancierung des mobilen Bezahldienstes von Apple wird diese in der Schweiz erst von fünf Kartenanbietern unterstützt. Bei Samsung Pay sind es sechs.

Auf eine deutlich grössere Verbreitung kann dagegen die Schweizer Bezahl-App Twint zählen. Sie gehört den sechs grössten Schweizer Banken, der Finanzinfrastrukturbetreiberin SIX und dem französischen Zahlungsverkehrkonzern Wordline. Bei Twint können Kunden auch ihre Debitkarten hinterlegen.

Razzien bei den Banken

Die Weko verdächtigt nun die Grossbanken UBS und Credit Suisse, Postfinance sowie die Kartenherausgeber Aduno und Swisscard, die internationalen Anbieter zu boykottieren.

Zwar ist dieser Verdacht am Markt nicht neu. Doch nach Erhalt neuer Informationen hat die Weko genügend Anhaltspunkte, um eine Untersuchung zu lancieren, wie Vize-Direktor Olivier Schaller der Nachrichtenagentur AWP sagte. Am Dienstag eröffneten die Wettbewerbshüter die Untersuchung, indem sie Razzien bei den Finanzinstituten sowie bei Twint durchführten.

Die betroffenen Banken und Kartenherausgeber zeigten sich in ersten Reaktionen überzeugt, dass sich die Vorwürfe der Weko als unbegründet erweisen werden. Sie sei überzeugt, nicht gegen das Kartellrecht verstossen zu haben, hiess es etwa bei Postfinance.

Die UBS wies auf vergebliche Einigungsversuche mit Apple Pay zur Nutzung der UBS-Kreditkarten hin. Swisscard, die zur Hälfte der CS gehört, zeigte sich überrascht, in die Untersuchung einbezogen zu werden. Ihre Kunden könnten seit November 2016 Apple Pay nutzen und seit August 2017 auch Samsung Pay. Und die Credit Suisse gab an, seit mehreren Monaten mit Apple, Samsung und Google über die Einführung von deren Bezahl-Apps für die CS-Kunden zu sprechen.

Der Kunde verliert

Auf Anklang stiess die Untersuchung dagegen bei der Schweizerischen Stiftung für Konsumentenschutz: "Wir finden das positiv", sagte André Bähler vom Konsumentenschutz auf Anfrage. Im Moment blockierten sich die Anbieter gegenseitig - zum Nachteil der Kunden.

Die Konsumenten nutzen die Bezahl-Apps denn auch erst zögerlich. Laut einer Studie des Instituts für Finanzdienstleistungen Zug der Hochschule Luzern erreicht das Bezahlen von unterwegs mit monatlich etwa 1,75 Millionen Transaktionen einen Marktanteil von ungefähr 0,5 Prozent.

Während die Schweizer Banken zum Teil die Nutzung ihrer Kreditkarten für Apple und Samsung Pay verweigerten, blockiere Apple den Zugriff auf den NFC-Chip für andere Anbieter, sagte Bähler weiter. Auch hier müsse man prüfen, ob Apple damit den Wettbewerb behindere.

Der Konsumentenschutz hatte diesbezüglich 2016 bei der Weko eine Klage eingereicht. Am besten wäre es, wenn der Kunde die Bezahl-App unabhängig von der eigenen Kreditkarte und dem Smartphone frei wählen und alle Funktionen nutzen könnten, sagte Bähler.

Untersuchung gegen Apple fortgeschritten

Tatsächlich geht die Weko den Vorwürfen gegen Apple schon seit Längerem nach. Der amerikanische Technikriese blockiert bei seinen iPhones der Konkurrenz den Zugang zur Kurzfunktechnologie NFC, die die schnellste und einfachste Technologie zum kontaktlosen Bezahlen ist.

Die NFC-Schnittstelle beansprucht Apple exklusiv für den eigenen Handybezahldienst. Twint muss deshalb auf das Einlesen von QR-Codes oder die Bluetooth-Übertragungstechnik ausweichen. Das verlängert den Bezahlvorgang deutlich. Bei den Schweizern ist das iPhone das beliebteste Smartphone. Laut einer Umfrage des Vergleichsdienstes Comparis von 2017 setzen vier von zehn Schweizern auf das Handy aus dem Haus von Apple.

Das Verfahren gegen Apple sei vorgeschritten, sagte Vizedirektor Schaller. Ein Entscheid sei jedoch noch nicht gefallen.

Dagegen dürfte die Untersuchung gegen die Schweizer Finanzinstitute noch eine Weile in Anspruch nehmen. Nun gelte es, die zahlreichen physischen und elektronischen Dokumente zu analysieren, sagte Schaller. "Eine solche Untersuchung ist ziemlich anspruchsvoll." Deshalb sei mit einem Ergebnis noch nicht in den nächsten Monaten zu rechnen.

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