Sie deuten darauf hin, dass Booster-Impfungen dringend nötig sind. Die Neutralisierung der Omikron-Variante habe im Vergleich zu einem früheren Covid-Stamm "sehr stark abgenommen", erklärte Alex Sigal, Professor am Africa Health Research Institut in Südafrika, auf Basis vorläufiger Ergebnisse. Die Virologin Sandra Ciesek vom Universitätsklinikum Frankfurt veröffentlichte am Mittwoch Daten zur Wirksamkeit der Impfstoffe gegen die neue Variante und kam zu dem Schluss, "dass die Entwicklung eines an Omikron angepassten Impfstoffs sinnvoll ist".

Der Virologe Christian Drosten von der Charite sprach von sehr wichtigen Daten. "Sieht nicht gut aus für zweifach Geimpfte. Dritte Dosis notwendig", schrieb er auf Twitter. Aber selbst drei Monate nach einer Booster-Impfung mit Biontech sieht Ciesek bei ihrer Untersuchung nur eine Neutralisation von 25 Prozent bei Omikron im Vergleich zu 95 Prozent bei der noch vorherrschenden Delta-Variante und spricht von einer bis zu 37-fach reduzierten neutralisierenden Wirkung der Antikörper im Vergleich zur Delta-Variante. Bei einer sechs Monate zurückliegenden zweifachen Impfung mit Biontech, Moderna sowie einer Kreuzimpfung von AstraZeneca/Biontech sei eine Antikörperreaktion nicht einmal messbar gewesen.

Das Afrika Health Research Institut in Südafrika untersuchte im Labor das Blut von zwölf Personen, die mit dem Impfstoff von BioNTech/Pfizer geimpft wurden. Dabei wurde ein 41-facher Rückgang der neutralisierenden Antikörper gegen die Omikron-Variante beobachtet. Das Blut von fünf der sechs geimpften und zuvor mit Covid-19 infizierten Personen konnte die Omikron-Variante allerdings noch immer neutralisieren. "Diese Ergebnisse sind besser als ich erwartet hatte. Je mehr Antikörper man hat, desto größer ist die Chance, dass man vor Omikron geschützt ist", erklärte Sigal. Die vorläufigen Daten wurden noch nicht von Fachkollegen geprüft.

Während neutralisierende Antikörper ein Indikator für die Immunreaktion des Körpers sind, gehen die Wissenschaftler davon aus, dass auch andere Arten von Zellen wie B- und T-Zellen durch die Impfstoffe stimuliert werden und zum Schutz vor den Auswirkungen des Coronavirus beitragen. Die vorläufigen Daten deuten zudem nicht darauf hin, dass der Impfstoff weniger in der Lage ist, schwere Erkrankungen oder Todesfälle zu verhindern. BioNTech-Chef Ugur Sahin sagte in der vergangenen Woche, dass er es für wahrscheinlich hält, dass Geimpfte einen deutlichen Schutz gegen schwere Erkrankungen, die durch Omikron verursacht werden, haben werden. Sahin sagte dem Sender NBC am Dienstag, dass das Unternehmen am Mittwoch oder Donnerstag Daten zur Omikron-Variante veröffentlichen wird.

"Die Daten zeigen, dass selbst zweifach Geimpfte oft nicht genügend Antikörper haben, um Omikron zu neutralisieren", sagte Carsten Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie. "Erst nach einem Booster oder nach der Kombination aus Infektion plus zweifacher Impfung sind genügend Antikörper vorhanden. Das bedeutet, dass wir mit Omikron noch mehr Durchbruchsinfektionen sehen werden. Die Inzidenzen könnten daher noch mal deutlich steigen."

Nach Einschätzung des führenden US-Experten für Infektionskrankheiten, Anthony Fauci, deuten vorläufige Ergebnisse darauf hin, dass die Variante wahrscheinlich einen höheren Grad der Übertragbarkeit aufweist, aber weniger schwerwiegend ist. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hatte Omikron am 26. November als "besorgniserregende Variante" eingestuft. Bisher gebe es jedoch keine Hinweise auf eine nötige Anpassung der bestehenden Covid-19-Impfstoffe auf die Omikron-Variante, hatte ihr Notfalldirektor Mike Ryan erklärt.