MÜNCHEN (dpa-AFX) - Im Audi-Prozess hat der angeklagte Motorentwickler Giovanni P. erneut Vorwürfe gegen die Konzernführung und andere Abteilungen erhoben. Das ganze Audi sei involviert gewesen, sagte Giovanni P. am Dienstag vor dem Landgericht München II. Als der Dieselskandal 2015 aufgedeckt worden sei, habe niemand sagen können: "Ich wusste gar nichts."

Laut Anklage hatte P. als Abteilungsleiter in der Motorentwicklung in Neckarsulm mit veranlasst, dass die Software von Diesel-Motoren manipuliert wurde. Er habe von Mitarbeitern "intelligente Lösungen" gefordert, um Abgastests zu bestehen, und 2008 angewiesen, eine Software einzubauen, die Tests erkennt.

Der Ingenieur sagte am Dienstag, er habe mit seinem Team am Ende einer Kette gestanden und Beschlüsse von oben umsetzen müssen. "Ich kann nicht machen, was ich will." Er habe teilweise nicht einmal diskutieren dürfen.

Immer wieder kritisierte P. auch den Vertrieb. Dieser habe nicht gewollt, dass die Kunden mit Harnstoff in Berührung kommen, der zur Reduzierung des Stickoxid-Ausstoßes eingesetzt wird, und Druck gemacht. Der Vertrieb habe Harnstoff mit Urin in Verbindung gebracht und den Ansatz gehabt: "Warum haben Sie so viel Lust, mit Pipi zu spielen?", sagte P. "Wir waren nicht die Sauberen, die den Clean Diesel wollten, sondern wir waren die Schmutzigen."

Ob das Verfahren von Ex-Audi-Chef Rupert Stadler vom auf zwei Jahre angesetzten Prozess gegen die drei angeklagten Motorentwickler abgetrennt wird, will das Gericht erst zum Ende des Verhandlungstags bekanntgeben. Die Vorwürfe gegen Stadler sind weit weniger schwer. Seine Verteidiger hatten beantragt, ihn mit einem seit August ebenfalls angeklagten früheren Audi-Vorstand vor Gericht zu stellen. Die Staatsanwaltschaft begründet Stadlers Einbeziehung in den ersten deutschen Strafprozess im Dieselskandal damit, dass sein Verfahren wegen des Haftbefehls schnell geführt werden müsse. Der Haftbefehl gegen Stadler ist seit zwei Jahren ausgesetzt./ruc/DP/nas