München (Reuters) - In Deutschland bahnt sich der dritte milliardenschwere Börsengang in diesem Jahr an. Europas größte Laborkette Synlab will - abhängig von der Nachfrage - zwischen 1,03 und 1,48 Milliarden Euro einsammeln, wie das Münchner Unternehmen am Montag mitteilte. Der Löwenanteil davon geht an die bisherigen Aktionäre um den Finanzinvestor Cinven, Synlab selbst will 400 Millionen Euro erlösen und damit Schulden tilgen. Bis zu 71,5 Millionen Aktien sollen zu einem Preis zwischen 18 und 23 Euro verkauft werden. Damit käme Synlab auf einen Börsenwert von bis zu fünf Milliarden Euro, insgesamt wird der Konzern mit bis zu 6,9 Milliarden Euro bewertet. Synlab-Aktien können bis zum 27. April gezeichnet werden, drei Tage später sollen sie erstmals an der Frankfurter Börse gehandelt werden.

Die Gelegenheit scheint günstig: Die Kapitalmärkte sind im Börsen-Boom aufnahmefähig, zudem erlebt Synlab wegen der Corona-Pandemie eine Sonderkonjunktur. Die Labore analysieren derzeit massenhaft PCR-Tests auf das Virus. Das soll den Umsatz in diesem Jahr um 17 Prozent auf drei Milliarden Euro hieven. Schon 2020 war der Umsatz um 38 Prozent nach oben geschnellt, das operative Ergebnis (Ebitda) sogar um mehr als zwei Drittel auf 679 Millionen Euro. Synlab-Chef Mathieu Floreani sagte, er habe vom Kapitalmarkt seit der Ankündigung der Emission "bereits sehr positive Rückmeldungen" bekommen.

Cinven hatte Synlab vor sechs Jahren für 1,7 Milliarden Euro vom Finanzinvestor BC Partners gekauft. Durch die Fusion mit dem französischen Konkurrenten Labco wurde der Konzern zum größten europäischen Laborbetreiber, mit jährlich mehr als 500 Millionen Tests. Die Pandemie habe gezeigt, "dass wir in der Lage sind, unsere medizinische und operative Führungsposition effizient zu nutzen", sagte Floreani.

EINSTIEG IN DEN AUSSTIEG

Den größten Börsengang des Jahres in Frankfurt feierte im März die Vodafone-Funkturm-Tochter Vantage Towers mit einem Volumen von 2,3 Milliarden Euro. Die Aktien notieren derzeit knapp über dem Ausgabepreis von 24 Euro. Die Papiere des Online-Gebrauchtwagenhändlers Auto1 haben seit der Erstnotiz Ende Januar dagegen 22 Prozent auf 46,50 Euro zugelegt. Wie Vantage und Auto1 wäre auch Synlab angesichts des Börsenwerts ein Kandidat zumindest für den Nebenwerteindex MDax. Die nächsten Börsenaspiranten stehen bereits in den Startlöchern, darunter der Online-Autohändler MeinAuto und der Internet-Modehändler About You.

Organisiert wird der Börsengang von Synlab von den US-Investmentbanken Goldman Sachs und JP Morgan. Die Emission besteht aus vier Teilen: Synlab selbst gibt so viele neue Aktien aus, dass 400 Millionen Euro hereinkommen. Cinven, Novo Holdings - der Eigentümer des dänischen Pharmakonzerns Novo Nordisk - und der kanadische Lehrer-Pensionsfonds OTPP bieten zunächst 27,5 Millionen Synlab-Aktien aus ihrem Besitz an. Sie wollen mit dem Börsengang ihren Ausstieg einleiten. Bei großer Nachfrage können sie bis zu 12,4 Millionen Papiere mehr verkaufen. Dazu kommt eine Platzierungsreserve von bis zu 9,3 Millionen Aktien. Bis zu 32 Prozent der Aktien wären damit nach dem Börsengang im Streubesitz.