Basel (awp) - Die Bâloise will unter dem neuen Chef Gert de Winter wachsen. Dabei sieht der Belgier in der Digitalisierung des Geschäfts sowie über Kooperationen in Bereichen ausserhalb des traditionellen Versicherungsgeschäfts Möglichkeiten dazu. "Viel erwarte ich auch vom Portfolio mit ungefähr fünfzehn Pilotprojekten, mit denen wir künftige Kundenbedürfnisse testen", sagte de Winter im Interview mit der "Finanz und Wirtschaft" (Online, 7.6.). Als ein Beispiel dazu führt er eine App an, mit der das Fahrverhalten junger Autolenker gemessen wird.

Einen Beitrag zum Wachstum könnten auch Übernahmen liefern. "Wir schauen uns immer wieder Möglichkeiten für eine Akquisition an", so de Winter, der seit fünf Monaten CEO des Basler Versicherungskonzerns ist. Allerdings bewege sich in der Schweiz seit der Übernahme von Nationale Suisse durch Helvetia nicht mehr viel. Dagegen werde im internationalen Geschäft in Belgien nach Opportunitäten um, während sich in Deutschland in den nächsten Jahren mit den neuen, strengeren Solvenzvorschriften einiges bewegen werde.

Zunächst gelte es aber, in Deutschland das Bâloise-Haus in Ordnung zu bringen. Dieser Markt ist im Vergleich zur Schweiz und zu Luxemburg heterogen, fragmentiert und von härterem Preiswettbewerb geprägt. Doch wirke dort das Kostensparprogramm, wodurch die Aufwandquote 1,2 Prozentpunkte gesunken sei. "Drei Viertel des geplanten Abbaus von 400 Stellen haben wir hinter uns und in unseren Segmenten wachsen wir", so der Bâloise-Chef.

Das Problem in Deutschland bleibe die Unausgeglichenheit im Bereich Schadenversicherung. "Für unsere Grösse sind wir zu sehr im Industriegeschäft vertreten. Wir sind jetzt selektiver und fördern zudem das Privat- und das Gewerbegeschäft." Diese Verlagerung brauche zwei, drei Jahre. Mit den Veränderungen soll das Betriebsergebnis in Deutschland im 2016 auf 100 Mio CHF gegenüber 65 Mio im Vorjahr verbessert werden. "Danach peilen wir auch Übernahmen an."

Auf Gruppenebene strebt die Bâloise im derzeitigen Tiefzinsumfeld jährlich eine Eigenkapitalrendite zwischen 8 und 12% an. "Ich frage mich schon, in wieweit eine absolute Vorgabe der Eigenkapitalrendite von 8, 9 oder 10% noch sinnvoll ist - gerade auch, weil das bilanzierte Eigenkapital von Zinsniveauverschiebungen massgeblich beeinflusst wird", so de Winter. Relevanter als die Kapitalrendite sei Cash, denn nur der Geldfluss sei echt. "Auch die Anleger wollen doch in erster Linie wissen, wie zuverlässig das Unternehmen die Dividendenzahlung aus dem Betrieb zu finanzieren versteht."

Die Dividendenpolitik laute nach wie vor, die Dividende stets mindestens zu halten. "Wir erhöhen sie nur, wenn wir absolut sicher sind, dass sie von Dauer ist. In den Jahren 2013 und 2014 habe man die Dividende zwei Mal erhöht und die zuletzt bezahlte Dividende entspreche 4% Rendite. "Zudem kaufen wir Aktien zurück, was für die Anleger gesamthaft rund 5% Rendite ergibt".

Am Investorentag im Oktober will Gert de Winter derweil nicht den üblichen Dreijahresplan mit harten Finanzzielen präsentieren, sondern eine auf fünf bis sieben Jahre ausgelegte Wirkensstrategie präsentieren.

mk/ra